Nanotechnologie

Goldstäbchen töten Tumorzellen

Durch Licht angeregte Nanopartikel lösen tödlichen Kazium-Einstrom aus

Winzige Stäbchen aus Gold könnten möglicherweise eines Tages als effektive Agenten gegen Krebs eingesetzt werden. Wie Forscher jetzt in der Fachzeitschrift „Advanced Materials“ berichten, sprengen die Stäbchen, angeregt durch Infrarotlicht, winzige Löcher in die Zellmembranen der Tumorzellen und lösen damit eine biochemische Kaskade aus, die letztlich den Tod der Zellen zur Folge hat.

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Vor kurzem haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Nanostäbchen aus Gold, aber auch andere Nanostrukturen eingesetzt werden können, um Tumorzellen gezielt abzutöten. Die dafür verwendeten Goldstäbchen sind in der Regel weniger als 15 Nanometer dick und rund 50 Nanometer lang und damit rund 200 Mal kleiner als ein Rotes Blutkörperchen. Genau diese geringe Größe ist für ihren medizinischen Einsatz entscheidend, denn das menschliche Immunsystem beseitigt alle Partikel größer als 100 Nanometer sehr schnell und macht sie damit wirkungslos. Kleinere Nanopartikel können dagegen deutlich länger im Blutstrom überdauern.

Hitze oder doch mehr?

Werden die Goldstäbchen mit Licht, beispielsweise Infrarotlicht, bestrahlt, heizen sie sich extrem stark auf und ionisieren dadurch auch die Moleküle um sie herum. „Das erzeugt eine Plasmablase, die rund eine Mikrosekunde lang bestehen bleibt, man bezeichnet dies als Cavitation“, erklärt Alexander Wei, Professor für Chemie an der Purdue-Universität. Bisher vermutete man, dass die große Hitzeentwicklung die Ursache für das Absterben umliegender Tumorzellen war.

Doch Wissenschaftler der Purdue-Universität haben jetzt herausgefunden, dass sich bei diesem Effekt ein sehr viel komplexeres biochemisches Szenario abspielt. In ihren Laborexperimenten verbanden sie die Goldstäbchen mit Folat, einem Salz der Folsäure. Diese Form des Vitamin B wird von Tumorzellen besonders benötigt, deshalb besitzen diese auch besonders viele Folat-Rezeptoren an ihrer Zelloberfläche.

Attacke mit Folat-Trick

Und genau das machten sich die Wissenschaftler zunutze: Denn die mit Folat verbundenen Goldstäbchen wurden sehr schnell von den Folat-Rezeptoren der Tumorzellen gebunden und waren damit fest mit der Zelloberfläche gekoppelt. „Die Zellen werden dann mit Licht im Nahinfrarot-Bereich bestrahlt“, erklärt Ji-Xin Cheng, Biomediziner an der Purdue Universität. „Dieses Licht kann Gewebe leicht durchdringen, wird aber von den Nanostäbchen absorbiert und schnell in Hitze umgewandelt. Das führt zu Mini-Explosionen an der Zelloberfläche.“

Kalzium als Schlüsselfaktor

„Jede Cavitation wirkt wie eine kleine Bombe. Plötzlich entsteht ein klaffendes Loch dort, wo das Nanostäbchen war“, so Wei. „Wir haben festgestellt, dass die Nanostäbchen die Zellen nicht zu Tode kochen, sondern zuerst Löcher in die Zellmembran stanzen und dass dann der Zelltod chemisch verursacht wird – in diesem Fall durch einen Einstrom von Kalzium.“

Die Wissenschaftler beobachteten, dass die Goldstäbchen bei einigen Zellen unmittelbar vor dem Zelltod eine Blasenbildung auf der Zellmembran auslösten. Diese blieb jedoch aus, wenn die Zellen in einer kalziumfreien Umgebung gehalten wurden. „Die Blasenbildung wird durch die Nanostäbchen ausgelöst, aber ihre eigentliche Ursache ist ein komplexer biochemischer Stoffwechselweg, ein chemisch induzierter Prozess“, erklärt Cheng. „Zusätzliches Kalzium gelangt in die Zelle und löst dort Enzymaktivität aus, die die Infrastruktur im Zellinneren zerstört und Membranblasen bildet.“ Den Kalziumeinstrom wiesen die Wissenschaftler nach, indem sie das Kalzium mit einem fluoreszierenden Pigment markierten und so dessen Bewegungen verfolgen konnten.

Anwendung auch in der Diagnostik denkbar

Doch die mit Folat an die Tumorzellen gekoppelten Goldstäbchen können nicht nur bei der Therapie, sondern bereits beim Nachweis eines Tumors wertvolle Hilfe leisten: Denn mithilfe eines speziellen bildgebenden Verfahrens, der so genannten Zwei-Photonen Lumineszenz, lassen sich die Positionen der Nanostäbchen in Echtzeit verfolgen. Sind sie an die Membran von Tumorzellen gebunden, können diese damit mit höherem Kontrast und besserer Bildqualität abgebildet werden, als mit konventionellen Fluoreszenz-Methoden möglich.

„Wir möchten gerne glauben, dass dies die Möglichkeit eröffnet, Nanostäbchen sowohl für die biomedizinische Bildgebung als auch für therapeutische Zwecken einzusetzen“, so Cheng. Noch allerdings ist es zu früh, um Aussagen darüber treffen zu können, wann es klinische Anwendungen dieser Technik geben wird.

(Purdue University, 18.10.2007 – NPO)

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