Medizintechnik

Schnelltest hilft bei Anti-Pilzmittel-Suche

Automatisiertes Screeningverfahren testet tausend Substanzen auf ein Mal

Bisherige Medikamente gegen krankheitserregende Pilze haben nur ein begrenztes Wirkspektrum und teilweise erhebliche Nebenwirkungen. Mit einem neuen automatisierten Screeningverfahren suchen Forscher nun nach spezifischen und verträglicheren Wirkstoffen.

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Etwa die Hälfte aller Menschen beherbergt den Hefepilz Candida albicans in ihrem Körper. Im Allgemeinen hält das Immunsystem die oft lästigen Untermieter in Schach. Dennoch werden pathogenen Pilzen allein in Deutschland mehrere Tausend Todesfälle pro Jahr angelastet – Tendenz steigend. Insbesondere immungeschwächte Chemotherapie- Patienten oder Empfänger von Transplantaten sind von den lebensgefährlichen Mykosen, also aggressiven Pilzinfektionen, betroffen. Die bisherigen Präparate sind häufig wenig spezifisch und haben zum Teil erhebliche Nebenwirkungen. Zudem werden die Pilze zunehmend resistent gegen die eingesetzten Wirkstoffe.

Substanzbibliiothek als Ausgangspunkt

Forscher am Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB in Stuttgart haben sich daher mit ihrem Industriepartner EMC microcollections GmbH in Tübingen auf die beschleunigte Suche nach Verbindungen begeben, die spezifisch gegen den Hefepilz Candida albicans wirken und besser verträglich sind als herkömmliche Antimykotika.

Möglich wird die beschleunigte Suche nach antimykotischen Wirkstoffen mit einem neuen zellbasierten Testsystem. Mit diesem Assay haben die Forscher am Fraunhofer IGB eine Substanzbibliothek durchsucht, die zehntausende potenzieller Wirkstoffverbindungen enthält. „Mit dem Assay können wir die Testsubstanzen in nur einem Ansatz gleichzeitig auf antimykotische Wirksamkeit und Verträglichkeit gegenüber menschlichen Zellen untersuchen“, beschreibt Steffen Rupp, Abteilungsleiter am Fraunhofer IGB, die Besonderheit.

Farbstoff zeigt Wirkung an

Der ausgeklügelte Test funktioniert folgendermaßen: In den einzelnen Näpfchen einer Mikrotiterplatte befindet sich zuunterst eine Schicht aus lebenden menschlichen Zellen, die dann mit den zu testenden Substanzen aus der Bibliothek sowie Zellen des krankheitserregenden Pilzes Candida albicans versehen und bei Körpertemperatur inkubiert werden. Die Pilzzellen entfalten so normalerweise sofort ihr ganzes pathogenes Potenzial: Sie bilden fadenförmige Hyphen, dringen in die menschlichen Zellen ein und töten sie. Wenn aber eine Substanz das Wachstum des Pilzes hemmt, bleiben die menschlichen Zellen am Leben.

„Damit wir das leicht, sicher und schnell erfassen können, versetzen wir die Zellen zusätzlich mit der Vorstufe eines fluoreszierenden Farbstoffes. Nur lebende menschliche Zellen setzen diese zu einem gelben Fluoreszenzfarbstoff um“, erklärt IGB-Wissenschaftlerin Dr.Anke Burger-Kentischer ihre Vorgehensweise im Labor. „Bei einem gelben Näpfchen wissen wir so auf einen Blick, dass die menschlichen Zellen vital sind. Das heißt, die hier getestete Substanz hemmt das Wachstum des Pilzes oder tötet ihn ab, beeinträchtigt aber nicht die menschlichen Zellen“.

Prinzip auch auf andere Erreger übertragbar

Um Zeit und Kosten zu sparen, haben die Forscher das Screening teilautomatisiert, so dass pro Woche tausende von Substanzen getestet werden können. Auf diese Weise haben die Forscher am Fraunhofer IGB bereits einige vielversprechende antimykotische Verbindungen gefunden, die gegenwärtig auf Patentfähigkeit überprüft werden. Zudem konnten sie in genomweiten Untersuchungen mit Biochips bereits die Targets, also die Zielproteine der Wirksubstanzen, eingrenzen. Um die Wirkung der Substanzen gegen den Pilz nun weiter zu verbessern, modifizieren die EMC-Spezialisten derzeit deren chemische Struktur.

Rupp ist zuversichtlich, dass erste Wirkstoffe schon in den nächsten Jahren klinisch untersucht werden könnten. Das Funktionsprinzip lässt sich auch auf andere Krankheitserreger wie Bakterien oder Viren übertragen und steht damit für das schnelle Screening weiterer Substanzbibliotheken zur Verfügung.

(Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, 11.10.2007 – NPO)

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