Das Klima der Erde hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert. Vor allem extreme Wetterereignisse wie Starkniederschläge, Hitzewellen oder Überschwemmungen scheinen weltweit häufiger geworden zu sein. Doch wie sieht es neben diesem globalen Trend eigentlich mit den regionalen Veränderungen aus? Um dies zu überprüfen, haben deutsche Wissenschaftler die globalen Computermodelle mit kleinräumigen Simulationen verknüpft. Wie mit einer Lupe können sie so das zukünftige Klima einer Region simulieren. Das Ergebnis ist eindeutig: Das Klima ändert sich auch in Deutschland.
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„Um Aussagen über mögliche regionale oder lokale Klimaänderungen und ihre Auswirkungen zu machen, muss die Brücke zwischen der globalen Klimaänderungsberechung und der Region geschlagen werden“, erklärt Daniela Jacob vom Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M). Um die Güte der Klimamodelle einschätzen zu können, werden sie daher zunächst für die Berechnung vergangener Zeiten eingesetzt, aus denen zahlreiche meteorologische und hydrologische Aufzeichnungen existieren. Erst danach kann ein Blick in die Zukunft gewagt werden – in der Regel für die nächsten einhundert Jahre.
Regionales Klimamodell im Test
Auf diese Weise haben nun die Forscher am MPI-M im Auftrag des Umweltbundesamtes und mit Unterstützung des Deutschen Klimarechenzentrums Hamburg mehrere Szenarien für mögliche Klimaänderungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz bis zum Jahr 2100 erarbeitet. „Im Vorfeld hatten wir zunächst die Klimaentwicklung der letzten Jahrzehnte recht realitätsnah mithilfe des regionalen Klimamodells REMO abgebildet“, erläutert Jacob. „Diese Überprüfung war notwendig, um die Güte der Modellergebnisse auch in stark strukturierten Gebieten wie den Alpen bewerten zu können.“ Zudem wurden die Klimasimulationen mit REMO in einer räumlichen Auflösung von zehn Kilometern durchgeführt, was den Forschern zufolge Erkenntnisse in bisher nicht gekannter Detailtiefe geliefert hat.
„Wie die Simulationen gezeigt haben, könnte es in Deutschland zu einer mittleren Erwärmung kommen, die im Jahr 2100 — abhängig von der Höhe zukünftiger Treibhausgasemissionen — zwischen 2,5 Grad Celsius und 3,5 Grad Celsius liegt. Diese Erwärmung wird sich jedoch saisonal und regional unterschiedlich stark ausprägen“, fasst Jacob den wichtigsten Trend zusammen. So dürfte sich der Süden und Südosten Deutschlands am stärksten im Winter erwärmen. Bis zum Jahr 2100 könnten die Winter hier um mehr als vier Grad Celsius wärmer werden als im Zeitraum von 1961 bis 1990.
Trockene Sommer und feuchte Winter
Gleichzeitig könnten in Zukunft — wiederum im Vergleich zum Zeitraum 1961 bis 1990 — die sommerlichen Niederschläge großflächig abnehmen. Besonders stark gehen in den Simulationen die Sommerniederschläge in Süd- und Südwest-Deutschland sowie in Nordost-Deutschland zurück. Hier könnte es der Studie zufolge bis zum Ende dieses Jahrhunderts im Vergleich zu heute ein Minus von bis zu 30 Prozent bei den Sommerniederschlägen geben. Im Gegensatz dazu zeigen die Simulationen, dass die Winter in ganz Deutschland feuchter werden. Vor allem in den Mittelgebirgen Süd- und Südwest-Deutschlands ist im Winter über ein Drittel mehr Niederschlag zu erwarten als heute.
Alpen: Schnee ade?
„In den Alpen ist durch die Erwärmung damit zu rechnen, dass der Niederschlag im Winter häufiger als Regen denn als Schnee fallen kann, so dass dann auch sehr große schneebedeckte Flächen, die heute noch als schneesicher gelten, verschwinden könnten“, schätzt Jacob die Auswirkungen ein. „Dadurch kann sich die Zahl der Tage mit geschlossener Schneedecke pro Jahr reduzieren, besonders stark in niedrigen Regionen wie zum Beispiel in Garmisch-Partenkirchen oder auch Mittenwald.“ Für diese Gebiete zeigen die Simulationen eine Abnahme der Schneetage um mehr als die Hälfte. Selbst in den höheren Regionen wie Zermatt und St. Moritz erwarten die Forscher eine Reduktion der Schneetage um rund ein Drittel.
Im deutschen Küstenraum fällt die Erwärmung der Ostseeküste bis zum Jahr 2100 mit rund 2,8 Grad Celsius möglicherweise etwas stärker aus als an der Nordseeküste mit 2,5 Grad Celsius. Obwohl sich an beiden Küsten die jährliche Niederschlagsmenge nicht ändert, dürfte es im Sommer bis zu 25 Prozent weniger regnen – vermutlich sehr zum Gefallen der dortigen Touristen. Im Winter hingegen könnte es bis zu 30 Prozent mehr Niederschlag geben.
Extremwetter nimmt zu
„Schnelle und tief greifenden Veränderungen des Klimas in Deutschland können vermutlich gravierende Folgen für die Menschen und die Umwelt haben“, so Jacob. „Denn die Schadenspotenziale extremer Wetterereignisse wie Hitzewellen, Starkniederschläge und Stürme sind oftmals noch wesentlich größer als jene der schleichenden Klimaänderungen.“ Aus diesem Grund sind zurzeit am MPI-M detaillierte Analysen der Klimaszenarien in Arbeit, um Aussagen zur Häufigkeit und Stärke künftiger Extremereignisse zu ermöglichen. So können zum Beispiel die Veränderungen in Anzahl und Länge der Hitzeperioden unweigerlich mit einer erhöhten Auftrittswahrscheinlichkeit von Niedrigwasserereignissen verbunden sein; erste Analysen für den Pegel Kaub (Rhein) für ein B2-Emissionsszenario bis 2050 zeigen eine deutliche Häufigkeitszunahme für Niedrigwasserperioden bis zu 21 Tagen Länge.
(Max-Planck-Institut für Meteorologie, 28.09.2007 – AHE)