Klima

26 Prozent weniger CO2 bis 2020?

BDI und McKinsey mit umfassendem Katalog für Treibhausgasvermeidung

Erneuerbare Energien: Windkraft © DOE

Ein Abbau der Treibhausgas-Emissionen bis 2020 um 26 Prozent gegenüber 1990 ist wirtschaftlich machbar – und zwar ohne Einbußen für Wirtschaftswachstum und Lebensqualität sowie unter Beibehaltung des Kernkraftausstiegs. Dies ist das wichtigste Ergebnis einer neuen Studie, die der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Unternehmensberatung McKinsey und Company gestern in Berlin vorgestellt haben.

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Mit dem Report „Kosten und Potenziale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen in Deutschland“ verfügt Deutschland als erstes Land der Welt über eine umfassende betriebswirtschaftliche Analyse aller wesentlichen Klimaschutztechnologien einschließlich der Angaben zu den Kosten aus Sicht der Entscheider in Euro pro eingesparte Tonne Treibhausgas. „Mit der Studie liefern wir einen essenziellen Beitrag zur Bewertung der klima- und energiepolitischen Pläne der Bundesregierung. Wir verstehen die Studie als ein Angebot zur Zusammenarbeit mit der Bundesregierung“, sagte BDI-Präsident Jürgen Thumann.

Erstmals wurden aus Sicht der Entscheider, also der Investoren, Eigenheimbesitzer, Autokäufer und vieler anderer Entscheider, die Kosten und Potenziale von mehr als 300 technologischen Einzelhebeln zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen ermittelt. In Summe hält die Studie in den vier Sektoren Gebäude, Industrie, Energie und Transport einen Abbau der Treibhausgasemissionen bis 2020 um 26 Prozent gegenüber 1990 für wirtschaftlich erreichbar – und zwar ohne Einbußen für Wirtschaftswachstum und Lebensqualität sowie unter Beibehaltung des Kernkraftausstiegs, mit durchschnittlichen Vermeidungskosten von bis zu 20 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent.

Kernenergie wichtig?

Laut dem Report existieren aber noch weitere Vermeidungshebel. Für deren Realisierung wären jedoch wesentlich höhere Investitionen erforderlich. Bereits eine Reduktion um 31 Prozent würde – unter Beibehaltung des Kernenergieausstiegs – zu deutlich höheren durchschnittlichen Vermeidungskosten zwischen 32 und 175 Euro pro Tonne CO2-Äquivalent führen. Diese resultieren aus der dafür erforderlichen zusätzlichen Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien am Energieträgermix, die politisch aber schon entschieden ist.

Der größte Teil der bewerteten Einsparpotenziale lässt sich mit bereits bekannter und erprobter Technik realisieren, etwa zwei Drittel der Maßnahmen rechnen sich sogar – wenn auch nur unter bestimmten politischen Rahmenbedingungen. Eine Reduzierung der Treibhausgase über 31 Prozent hinaus ist ohne Beibehaltung der Kernenergie wirtschaftlich nicht darstellbar.

An der Untersuchung waren mehr als 70 Unternehmen und Industrieverbände beteiligt, mit denen eine breit abgesicherte Faktenbasis zusammen getragen wurde. Ein wissenschaftlicher Beirat dem Professor Martin Hellwig, Professor Wolfgang Ströbele und Professor Carl Christian von Weizsäcker angehörten, begleitete die Arbeit von McKinsey. „Die Ergebnisse der Studie machen deutlich, dass die deutsche Wirtschaft mit ihrem technologischen Potenzial der Problemlöser ist. Letztlich können nur die Unternehmen die Produkte, Verfahren und Technologien für einen effizienten Klimaschutz entwickeln und bereit stellen“, betonte Thumann. „Nun kommt es auf die richtigen politischen Rahmenbedingungen an, damit wir die Technologien so effizient wie möglich einsetzen können.“

Fächer von Instrumenten nötig

Thumann empfahl der Regierung einen Fächer von Instrumenten wie beispielsweise Marktanreizprogramme, die ausgewogen eingesetzt und angewendet werden müssten. Dies betreffe nicht zuletzt auch alle Maßnahmen zur Verbreitung der besten Technologien auf den Weltmärkten. „Erst indem wir den Export von relevanten Technologien gewährleisten, finden wir die passende globale Antwort auf das globale Problem Klimawandel und stärken zudem unsere heimische Wirtschaft und Beschäftigung. Dabei sollten zukünftige Regelungen so gestaltet werden, dass Unternehmer und Verbraucher eigenverantwortlich möglichst optimale Investitions- und Kaufentscheidungen treffen können“, so Thumann.

Lob und Tadel

Gemischte Reaktionen hat die McKinsey-Studie bei Umweltorganisationen und Politikern ausgelöst. „Endlich haben auch die Chefetagen der deutschen Industrie verstanden, dass sie bei der Bekämpfung des Klimawandels die Hauptrolle spielen.“, kommentierte Greenpeace-Energie-Experte Jörg Feddern den Report. Aber er schränkte auch ein: „Erfolgreicher Klimaschutz braucht schnelles und entschiedenes Engagement. Die von Wissenschaftlern vorgegebenen Reduktionsziele sind keine Option, sondern ein Muss, wollen wir die schlimmsten Folgen des Klimawandels verhindern. Und deren volkswirtschaftliche Kosten könnten sich allein für Deutschland auf 800 Milliarden Euro summieren. Deshalb müssen wir bis 2020 den Ausstoß von Treibhausgasen um 40 Prozent reduzieren – ohne Wenn und Aber. Doch genau diesen notwendigen Weg zeigt die Studie nicht.“

Bundesumweltministerium begrüßt BDI-Studie

Aus Sicht des Bundesumweltministeriums (BMU) ist nicht jeder der in der Studie gezogenen Schlussfolgerungen zuzustimmen – dies gilt vor allem für den Vorschlag, die Restlaufzeiten der Atomkraftwerke aus klimaschutzpolitischen Gründen zu verlängern. Die Studie bietet jedoch laut BMU eine Reihe von interessanten Ansätzen und Überlegungen, die die Basis für eine engere Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft schafft.

Dazu der Staatssekretär im Bundesumweltministerium Matthias Machnig: „Ich begrüße vor allem den differenzierten methodischen Ansatz, der auch den wissenschaftlichen Untersuchungen entspricht, die das Bundesumweltministerium der Ausgestaltung der deutschen Klimaschutzpolitik zugrunde legt. Die Studie zeigt erneut, dass Klimaschutz nicht nur bezahlbar ist, sondern in vielen Bereichen sogar zu massiven Einsparungen führen kann. Für die deutsche Wirtschaft bietet der Klimaschutz große Chancen. Die BDI-Studie belegt: Klimaschutz ist nicht nur ökologisch unverzichtbar, sondern dient dem Industriestandort Deutschland und der deutschen Technologieführerschaft. Die Studie liefert eine Basis, auf der intensive und nüchterne Gespräche zwischen der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft geführt werden können.“

(BDI/BMU/Greenpeace, 26.09.2007 – DLO)

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