Medizin

Auch Fledermäuse haben Herpes

Acht neue Herpesviren nachgewiesen

Illustration der Aerodynamik des Fluges einer Blütenfledermaus: die Pfeile veranschaulichen Wirbelströmungen, die Länge eines Pfeils gibt die Geschwindigkeit der Luftmoleküle an diesem Ort an. © York Winter

Fledermäuse sind nicht nur nützliche Mückenjäger, sie können auch krankheiten übertragen. Eine neue Studie hat herausgefunden, dass die Flatttertiere nicht nur Reservoirwirte für Tollwut, sondern auch für bestimmte Herpes-viren sind.

Weltweit sind Fledermäuse in den letzten Jahren zunehmend in das Interesse der Wissenschaft gerückt, unter anderem um ihre Rolle als Reservoirwirt potenzieller Krankheitserreger besser einschätzen zu können. In Europa gilt die Aufmerksamkeit bisher ausschließlich der Fledermaus-Tollwut. Das Vorkommen anderer Erkrankungen beziehungsweise infektiöser Erreger in diesen Tierspezies ist kaum bekannt. Um den Einfluss von Fledermäusen auf die Verbreitung oder die mögliche Übertragung von Krankheitserregern auf andere Tierarten einschließlich des Menschen untersuchen zu können, hat das Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) eine Projekt-Studie initiiert.

Erstmals Herpesviren auch bei Fledermäusen

Die Studie soll das Auftreten möglicher Krankheiten und Krankheitserreger bei einheimischen Fledermäusen klären. Im Rahmen dieser Studie wurden in Kooperation mit Wissenschaftlern des Robert- Koch-Instituts (RKI) acht neue Herpesvirusstämme bei den untersuchten Fledermäusen entdeckt. Es handelt sich bei den neu beschriebenen Viren um die ersten Herpesviren, die jemals in Fledermäusen beschrieben wurden. Das Journal of General Virology veröffentlicht die Arbeit in ihrer aktuellen Ausgabe.

Die Studie habe eine grundsätzliche Bedeutung, erläutert Gudrun

Wibbelt: „Herpesviren wurden in vielen Säugetierarten sowie in Vögeln, Reptilien, Amphibien, Fischen und sogar in Weichtieren nachgewiesen. Aber ausgerechnet die Wirbeltierfamilie der Fledermäuse, die mit mehr als tausend Arten, nach der Gruppe der Nager, den zweitgrößten Artenreichtum aufweist, wurden bislang nicht untersucht.“ In ihrem Pilotprojekt untersuchten Wibbelt und Kollegen Tiere von acht europäischen Fledermausarten, die tot aufgefunden worden waren.

Die Forscher untersuchten Lungengewebe von 25 dieser Tiere mittels molekularbiologischer Methoden auf Herpesviren; 21 dieser Individuen stammten aus dem Großraum Berlin, 4 aus der Gegend um Freiburg. Mehr als die Hälfte der toten Tiere wiesen Anzeichen einer Lungenentzündung auf. Die Untersuchungen zeigten bei 15 Tieren eine Infektion mit bislang unbekannten Herpesviren, sieben davon Gamma-Herpesviren, eines ein Beta-Herpes-Virus.

Weitere Analysen befassten sich mit den Verwandtschaftsverhältnissen der Viren. Es zeigte sich, dass das Beta-Herpesvirus entfernt mit jenen Erregern verwandt ist, die auch den Menschen befallen können. „Im Moment wissen wir nicht, ob die Viren bei den Tieren Erkrankungen hervorriefen“, sagt Wibbelt. Herpesviren können nach der Ursprungsinfektion in ein latentes Infektionsstadium übergehen, das weiß jeder, der unter Lippenbläschen leidet. Wibbelt: „Es könnte sein, dass auch bei den Fledermäusen eine latente Infektion im Körper vorhanden war.“

Vorsicht, aber keine Panik

Andererseits könne man auch nicht ausschließen, dass die Befunde einer Lungenerkrankung mit den Viren zusammenhängen. Das sollen nun weitere Studien klären. Generell rät Gudrun Wibbelt zur Vorsicht, weil Fledermäuse auch Tollwut übertragen können. Zugleich jedoch warnt sie vor Panik vor diesen nützlichen Tieren, von denen eines in einer einzigen Nacht bis zu viertausend Mücken verschlingen kann. „Es ist außerordentlich selten, dass sich jemand durch den Kontakt mit einer Fledermaus mit Tollwut ansteckt, für ganz Europa sind in den letzten Jahrzehnten nur vier Einzelfälle dokumentiert.“

Sie urteilt über die Gefährlichkeit der neuen Herpesvirusstämme für Menschen: „Herpesviren sind äußerst wirtsspezifisch. Sie haben sich in ihrer Evolution jeweils an eine bestimmte Tierart oder den Menschen streng angepasst, daher ist es unwahrscheinlich, dass diese Viren beim Menschen eine Erkrankung auslösen.“

(Forschungsverbund Berlin e.V., 25.09.2007 – NPO)

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