Bei einem Unfall wirken enorme Kräfte auf ein Auto ein. Indem sich der Motorraum verformt, fängt er einen großen Teil der Aufprallenergie ab. Dafür muss die Karosserie jedoch dehnbar und trotzdem fest sein – zwei Eigenschaften, die sich eigentlich widersprechen. Wissenschaftler haben jetzt aus einer Mischung aus Mangan, Silizium, Aluminium und natürlich Eisen einen neuartigen Stahl entwickelt, der beide Funktionen erfüllt.
Jedes Jahr ereignen sich in Deutschland mehr als 200 000 Autounfälle. Mit hohem technischem Aufwand arbeiten die Hersteller an neuen Technologien, die Fahrer und Mitfahrer besser schützen sollen. Neben der Fahrzeugkonstruktion spielt dabei der Karosseriestahl eine zentrale Rolle. Im Falle eines Zusammenstoßes muss dieser sehr dehnbar sein, um die Aufprallenergie in Verformung umzuwandeln, und darüber hinaus fest, um die Fahrgastzelle zu stabilisieren.
Am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf, einem gemeinsamen Forschungsinstitut des Verbandes der Deutschen Eisenhüttenleute (VDEh) und der Max-Planck-Gesellschaft, ist es Forschern mithilfe moderner Computer gestützter Methoden gelungen, einen solchen Stahl zu entwickeln. Bei einem Aufprall aktiviert der TWIP-Stahl (Twinning Induced Plasticity) seine Dehnungsreserve und beginnt sich zu verformen. Jeder Punkt des Stahls dehnt sich dabei nur ein bestimmtes Stück. Dann verfestigt er sich wieder und leitet den Rest der Energie an das umgebende Material weiter. Dadurch breitet sich die Energie gleichmäßig über die ganze Fläche des Metalls aus. Die Last des Aufpralls verteilt sich.
„Wir werden zukünftig Stähle haben, die eine sehr hohe Festigkeit aber auch ein hohes Verformungsvermögen haben, sodass die Insassen im Falle eines Crashs umfassend geschützt werden“, sagt Anke Rita Pyzalla, Direktorin am Max-Planck-Institut für Eisenforschung. Bereits in ein bis zwei Jahren sollen die ersten neuartigen Stahlkarosserien in die Kotflügel und die Seitentüren von Autos eingebaut werden. Diese Bereiche trifft es bei einem Unfall überdurchschnittlich häufig.
(MPG, 05.09.2007 – NPO)