Archäologie

Ötzi starb durch Schlag auf den Kopf

Pfeil in der Schulter nicht die Todesursache

Am Tiesenjoch im Schnalstaler Gletscher wird Ötzi 1991 zufällig entdeckt © Südtiroler Archäologiemuseum

Das Rätsel um die Todesursache des „Ötzi“ beschäftigt Wissenschaftler und Öffentlichkeit seit seiner Entdeckung. Jetzt hat ein interdisziplinäres Forscherteam eine neue Theorie zur Todesursache des Mannes aus dem Eis präsentiert. Demnach starb er an einem Schädel-Hirn-Trauma und nicht am Pfeil in seiner Schulter.

{1l}

Mit dem Gesicht nach unten und einem unnatürlich über die Brust gedrehten Arm wurde Ötzi 1991 im Eis entdeckt. Seither rätseln Forscher, Museumsbesucher und Interessenten aus aller Welt über die Ursachen dieser seltsamen Körperhaltung und den Tod des Mannes aus dem Eis. Ein interdisziplinäres Forscherteam aus dem Wiener Archäologen Andreas Lippert, den Bozner Radiologen Paul Gostner und Patrizia Pernter sowie dem Gerichtsmediziner und Konservierungsbeaufragten Eduard Egarter Vigl hat sich die Fundposition der Gletschermumie noch einmal gemeinsam angesehen.

Stur nach Schlag auf den Kopf

Bei einem Diskussionsabend des neu gegründeten EURAC-Instituts für Mumien und den Iceman präsentierten sie am Montag, den 27. August, die Ergebnisse ihrer Studie, die Rückschlüsse auf die Todesursache Ötzis zulassen: Der Mann aus dem Eis hatte, so erklären die Wissenschaftler, neben seiner bereits bekannten Verletzung an der Hand und der Pfeilwunde an der Schulter ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. Dieses rühre eindeutig von einem frontalen Angriff her. Sicher war bisher, dass Ötzi zunächst von einem Pfeil an der Schulter getroffen wurde. Eine starke Blutung machte ihn wehrlos, sie war aber nicht gleich tödlich.

Erst ein frontaler Angriff mit einem Schlag auf den Kopf ließ Ötzi mit dem Rücken nach unten auf einen Stein fallen und ihn dort an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas sterben. Die unnatürliche Körperhaltung rühre daher, dass sein Angreifer ihn noch vor der Leichenstarre auf den Rücken drehte und den Pfeil aus der Schuler zog. In dieser Position, quer über seinem linken Arm auf dem Bauch liegend, wird Ötzi 5.300 Jahre später gefunden.

Daten aus Computertomographie und Forensik

Die Ergebnisse des Forscherteams gründen sich neben der nochmaligen gemeinsamen Untersuchung der Fundposition auf computertomografische Befunde aus dem Jahr 2005 und auf neue forensische Daten. Die neuen Erkenntnisse widerlegen vorangegangene Theorien, die annahmen, Ötzi hätte die unnatürliche Haltung im Schlaf eingenommen, die Leiche sei durch die Gletscherbewegung gedreht worden oder aber sie sei aufgetaut und über das Schmelzwasser an eine andere Stelle getrieben worden. Die an der EURAC präsentierten Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der archäologischen Fachzeitschrift GERMANIA veröffentlicht.

(Europäische Akademie Bozen, 29.08.2007 – NPO)

Keine Meldungen mehr verpassen – mit unserem wöchentlichen Newsletter.
Teilen:

In den Schlagzeilen

News des Tages

Schriftzeichen

Ältestes Alphabet der Welt entdeckt?

Erstes Porträt eines extragalaktischen Sterns

Baby-Säbelzahnkatze im Permafrost entdeckt

Auch erwachsene Schimpansen spielen noch miteinander

Diaschauen zum Thema

Dossiers zum Thema

Neandertaler - Neue Erkenntnisse über unsere Steinzeit-Cousins

Mammuts - Eiszeitgiganten zwischen Mythos und Wiedergeburt

Schmerz - Alarmstufe Rot im Nervensystem

Bücher zum Thema

Die Ursprünge der Menschheit - von Fiorenzo Facchini

Das Rätsel der Menschwerdung - von Josef H. Reichholf

Rätsel der Archäologie - Unerwartete Entdeckungen - Unerforschte Monumente von Luc Bürgin

Top-Clicks der Woche