Ein vor zwei Jahren identifiziertes Protein, das wichtig ist für die „Verpackung“ des Erbguts in der Zelle, spielt eine entscheidende Rolle dabei, dass sich nach der Befruchtung lebensfähige Embryos entwickeln können. Dies haben Wissenschaftler in einer neuen Studie nachgewiesen über die sie in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins „Science“ berichten.
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Als lange Kette betrachtet kann die DNA mehrere Meter lang sein. Im Zellkern ist aber nur sehr wenig Platz, deshalb muss die DNA „verpackt“ werden. Dies geschieht mittels basischer Proteine, so genannter Histone, um die die DNA herumgewickelt wird. Dadurch kann die Länge um das 50.000-fache verkürzt werden. Außerdem wird auf diese Weise eine übergeordnete Ebene der Regulation geschaffen, die all jene Prozesse beeinflusst, die Zugang zur DNA benötigen. Die Forschung zur Struktur dieser „Verpackung“, des so genannten Chromatins, hat sich in den letzten Jahren sehr stark weiterentwickelt und großes wissenschaftliches und medizinisches Interesse hervorgerufen.
Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass viele der Faktoren, die für die Modulation der Chromatinstruktur verantwortlich sind, auch bei der Entstehung einer großen Anzahl von Krebserkrankungen wie Leukämien, Brust- und Lungenkrebs aber auch Erbkrankheiten wie dem Williams Syndrom involviert sind. Die Prozesse, die die Packung der DNA und Histone regulieren – Chromatin Assembly -, spielen eine zentrale Rolle bei der Verdoppelung der Chromosomen, bei Transkription, der Reparatur von DNA Schäden und bei der Rekombination des genetischen Materials.
Keine Vermehrung mehr möglich
Bereits vor zwei Jahren gelang es der Molekularbiologin Alexandra Lusser vom Biozentrum der Medizinischen Universität Innsbruck gemeinsam mit amerikanischen Kollegen „im Reagenzglas“ ein molekulares Motorprotein, CHD1, zu identifizieren und zu charakterisieren, das die Packung der DNA und Histone vermittelt, sodass Chromatin entstehen kann.
Im Rahmen der aktuellen Forschungsarbeit hat das Forschungsteam um Alexandra Lusser nun wieder zusammen mit amerikanischen Forscherkollegen, Exemplare der Fruchtfliege Drosophila gezüchtet, bei denen das Motorprotein CHD1 nicht vorhanden ist, so genannte „Knock-out“-Fliegen.
In der folgenden Generation haben die entsprechenden Drosophila-Weibchen zwar befruchtete Eier gelegt, es entstanden daraus jedoch keine lebens- und entwicklungsfähigen Embryos, weil keine geordnete Ver- und in der Folge Entpackung des männlichen Erbmaterials mehr möglich ist. Im speziellen Fall konnte das Histon H3.3, das in verschiedenen Phasen der Entstehung einer Zygote notwendig ist, nicht mehr eingebaut werden.
Grundlage für weitere Forschungsarbeiten
Diese Entdeckung ist deshalb sehr bemerkenswert, weil es sich dabei um einen sehr grundsätzlichen Prozess bei der Entstehung von neuem Leben handelt und dies damit auch bei höher entwickelten Lebewesen, somit auch beim Mensch, relevant ist.
Lusser bereitet daher bereits ein Projekt vor, ihre Erkenntnisse auch an Mäusen zu testen. Ihr Ziel ist es dabei, möglicherweise einen prognostischen Marker zu entwickeln, der bei der Ursachenforschung und der Behandlung von unerfülltem Kinderwunsch eine Rolle spielen könnte. Ganz grundsätzlich ist ein besseres Verständnis dieser Prozesse entscheidend, um die Diagnose, Behandlung und Therapie von Erkrankungen zu verbessern, da diese Prozesse und ihre möglichen Störungen nach heutigem Wissensstand eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Erbkrankheiten und der Entartung von Zellen und damit bei der Entstehung von Krebs spielen.
(Medizinische Universität Innsbruck, 24.08.2007 – DLO)