Medizin

Prionen „kurbeln“ Infektion an

Expression endogener Retroviren ist nach Prionen-Infektion verändert

Prionen – proteinaceous infectious particles – gelten als Auslöser für Erkrankungen des Gehirns und Nervensystems wie BSE bei Rindern, Scrapie bei Schafen und Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bei Menschen. Wissenschaftler haben nun gezeigt, dass Prion-Proteine in infizierten Gehirnzellen so genannte endogene Retroviren aktivieren.

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Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die gefährlichen Eiweiße nicht nur mit Hilfe von Viruspartikeln verbreitet werden, sondern möglicherweise sogar die Produktion solcher Teilchen durch das „Anschalten“ von endogenen Retroviren selbst anregen. Diese Retrovirus-ähnlichen Partikel könnten dann dazu benutzt werden, Prion-Proteine von Zelle zu Zelle zu transportieren und so die Infektion zu verbreiten, so die Forscher weiter.

Prionen sind Strukturvarianten von Proteinen, die auch in gesunden Geweben – vor allem im Gehirn – vorkommen. Das Fatale an ihnen ist, dass sie, einmal in den Organismus eingedrungen, ihre „gesunden“ Verwandten strukturell so modifizieren können, dass diese ebenfalls pathogen werden und die Erkrankung fortschreiten lassen. Über die molekularen Mechanismen der Pathogenese, die Rolle von Ko-Faktoren und die Interaktion von Prion-Proteinen mit zellulären Bestandteilen ist allerdings immer noch wenig bekannt.

Überbleibsel der Evolution

Retroviren wiederum bauen ihre genetische Information in das Erbgut ihrer Wirtszellen ein. Bei endogenen Retroviren handelt es sich um Überreste von lang zurückliegenden retroviralen Infektionen, die über viele Generationen über die Keimbahn weitergegeben wurden. Nahezu zehn Prozent des gesamten Genoms der Maus und des Menschen bestehen aus endogenen retroviralen Sequenzen, die sich im Verlauf der Evolution akkumuliert haben. Die meisten Strukturgene der endogenen Retroviren sind zwar inaktiviert, aber viele regulatorische Elemente, wie zum Beispiel Bindungsstellen für Transkriptionsfaktoren, sind häufig noch aktiv und können benachbart liegende zelluläre Gene beeinflussen.

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In ihrer Studie suchte das Team um die Wissenschaftlerin Professorin Dr. Christine Leib-Mösch vom Institut für Molekulare Virologie des GSF – Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg/München nach zellulären Komponenten, deren Regulation infolge einer Prion-Infektion verändert ist. In Zusammenarbeit mit Kollegen der Technischen Universität München und der Universität Heidelberg konnten sie mit Mikroarry-Techniken – Mikroarrys sind Chips mit Tausenden oder Zehntausenden von DNA- oder Protein-Proben – nachweisen, dass die Expression von endogenen Retroviren im Mausmodell durch Infektion mit Prion-Proteinen beeinflusst wird.

Prionen „manipulieren“ Retroviren-Aktivität

Die Wissenschaftler des Bayerischen Forschungsverbundes FORPRION infizierten dabei zunächst in Kultur gehaltene neuronale Mauszellen mit Prion-Proteinen und analysierten anschließend die Expressionsmuster der endogenen Retroviren. Die Ergebnisse zeigten, dass die Expression einer ganzen Reihe endogener retroviraler Sequenzen durch die Prion-Infektion beeinflusst wird: Im Vergleich zu nichtinfizierten Zellen nahm die Expression – je nach Zelllinie und Art der untersuchten endogenen Retroviren – zum Teil zu, zum Teil aber auch ab. Durch Pentosan-Polysulfat, einem Anti-Prion-Präparat, konnten diese Effekte unterdrückt werden, das heißt die Beeinflussung der Expression ist tatsächlich auf Prionen zurückzuführen.

(idw – GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, 23.08.2007 – DLO)

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