Die atlantische Zirkulation ist für das milde Klima Europas verantwortlich. Über die Wahrscheinlichkeit eines möglichen „Zusammenbruchs“ wird seit Jahren intensiv diskutiert. Jetzt ist ein internationales Wissenschaftlerteam zum ersten Mal in der Lage, kontinuierlich die täglichen Schwankungen in der Stärke von Europas Wasserheizung zu beobachten. Im Wissensmagazin Science stellen die Forscher die Analysen der Daten aus dem ersten Messjahr vor. Ergebnis: Es gibt bisher keine Anzeichen für eine Abschwächung der atlantischen Zirkulation.
Die Forscher aus Großbritannien, Deutschland und den USA haben ein einzigartiges Beobachtungssystem installiert, mit dem die Schwankungen der atlantischen Umwälzbewegung (Atlantic Meridional Overturning Circulation – MOC) frühzeitig erfasst werden können. Das System wird es den Wissenschaftlern ermöglichen, Modellsimulationen der MOC zu verifizieren. Zudem wird es in realistischere Klimavorhersagen einfließen, die für Anpassungsplanungen unerlässlich sind.
Im März 2004 bauten die Wissenschaftler ihr Beobachtungssystem auf dem 26. Breitengrad quer über den Atlantik von der afrikanischen Küste bis zu den Bahamas auf. Seitdem liefern die Instrumente kontinuierliche Messreihen von Temperatur, Salzgehalt und Dichte. Kombiniert mit Messungen des Golfstroms in der Straße von Florida (durch amerikanische Wissenschaftler der NOAA) und mit Satellitenmessungen der windgetriebenen Strömung über den 26. Breitengrad kann die MOC täglich bestimmt werden.
MOC weiterhin stabil
Die Ergebnisse in Science zeigen, dass das außergewöhnliche Beobachtungssystem effektiv arbeitet und überraschende Ergebnisse liefert. Die Gesamtvariabilität der gemessenen MOC im Atlantik ist sehr groß: von vier Sverdrup bis 35 Sverdrup. Sverdrup (Sv) ist das Maß für die Ozeanströmung, wobei ein Sv einer Megatonne Wasser pro Sekunde entspricht. Das Jahresmittel der MOC wurde mit circa 19 Sverdrup berechnet, was mit früheren Schätzungen übereinstimmt.
„Es gibt noch keinerlei Anzeichen einer Abschwächung der MOC. Die großen Schwankungen sind auch die Ursache dafür, dass früher diagnostiziert wurde, eine Abschwächung habe bereits stattgefunden. Man hat zufälligerweise zu einem Zeitpunkt gemessen, als die Zirkulation gerade recht schwach war.“, erklärt Professor Jochem Marotzke vom Max-Planck-Institut für Meteorologie.
Mit dem Beobachtungssystem auf dem 26. Breitengrad lässt sich das Jahresmittel der MOC bis auf 1,5 Sv genau beobachten beziehungsweise bis auf acht Prozent des mittleren Wertes. Das reicht aus, um große, abrupte Änderungen der Zirkulation zu entdecken, die kritisch für Anpassungsplanungen zum Klimawandel sind.
(idw – Max-Planck-Institut für Meteorologie, 17.08.2007 – DLO)