Nanodrähte aus Nickel-Rhodium besitzen eine überraschend hohe Reaktionsfähigkeit gegenüber Sauerstoff. Damit bieten sie ein zukünftiges Entwicklungspotenzial für neuartige chemische Katalysatoren. Zu diesem Ergebnis kam eine österreichisch-schwedische Gruppe, der es gelang, eindimensionale Nickelbahnen kontrolliert auf einer Rhodiumunterlage aufzubringen.
Atome an den Ober- und Grenzflächen von Körpern verhalten sich aufgrund ihrer Randposition anders als Atome im Volumeninneren. Deshalb kann es einen grundlegenden Einfluss auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften eines Materiales haben, wenn man das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen verändert – trotz unveränderter chemischer Zusammensetzung. Da Strukturen des Nanobereichs im Extremfall eindimensional sind – und damit quasi nur noch Oberfläche darstellen -, kommt der Erforschung von Oberflächeneffekten in den Nanowissenschaften eine ganz besondere Bedeutung zu.
Eindimensional aber oho
Genau diesem Aspekt widmet sich das Nationale Forschungsnetzwerk „Nanowissenschaften auf Oberflächen“ unter der Koordination von Professor Falko Netzer vom Institut für Physik der Karl-Franzens-Universität Graz. Vor kurzem gelang es Netzer und seinem Team, ein Modell zu etablieren, an dem die Reaktionsfähigkeit metallischer Nanosysteme auf atomarer Ebene erforscht werden kann.
„Es gelang uns, quasi-eindimensionale Nickelatomreihen auf eine spezielle Rhodium-Unterlage aufzudampfen“, erklärt Netzer. „Diese einkristalline Rhodiumunterlage besitzt eine präzise gestaltete Treppenstruktur. Bei dieser wechseln sich Stufen, die nur den Abstand zweier Rhodium-Atome hoch sind, mit Terrassen ab, die mehrere Atome weit sind.“ Tatsächlich konnte das Team durch die Ablagerung von Nickelatomen genau am Verlauf der Stufen ein Bimetall-System mit präzise definierten Dimensionen auf der Nanoskala herstellen.
In der Folge ermittelte die Gruppe die chemische Reaktionsfähigkeit dieses Systems. Dazu wurden neben Raster-Tunnel-Mikroskopie und aufwendigen Berechnungen auch Röntgen-Photoelektronenspektroskopie mittels Synchroton-Strahlung an der Universität Lund in Schweden durchgeführt. Interessanterweise zeigten diese Analysen, dass die Nickelbahnen eine ungewöhnlich hohe Reaktivität mit Sauerstoff aufwiesen. Ursächlich für diese erhöhte Reaktivität sind zunächst Verschiebungen bestimmter Elektronenzustände von Rhodium-Atomen der Stufenstruktur. Diese Verschiebung wirkt in der Folge auf die unmittelbar benachbarten Nickelatome und erleichtert deren Reaktion mit Sauerstoff.
Potenzial für neue Anwendungen
Dieser hohe Reaktivität mit Sauerstoff ist eine durchaus viel versprechende Eigenschaft: „Unsere Messungen und Berechnungen belegen eindeutig, dass die eindimensionalen Nickelbahnen bei entsprechendem Gasdruck vollständig mit Sauerstoff reagieren können – ohne dass auch nur ein Rhodium-Atom mit Sauerstoff reagiert. Damit bietet dieses System Möglichkeiten zur Entwicklung von neuen Katalysatoren, deren Reaktionen die Adsorption und Dissoziation von Sauerstoff-Atomen beinhalten“ so Netzer. Für den Forscher verdeutlicht dieses Ergebnis einmal mehr die wichtige Rolle, die grundlegende Forschung an Nanomaterialien für deren zukünftige Anwendung in alltäglichen Prozessen hat.
(Wissenschaftsfonds FWF, 19.06.2007 – NPO)