Was sollen Schülerinnen und Schüler lernen? Welche Kompetenzen können sie erwerben? Diese werden bundesweit einheitlich durch die so genannten Bildungsstandards vorgegeben und in den Lehrplänen der Länder entsprechend umgesetzt – allerdings bislang nur für einige wenige Fächer. Nun wurde erstmals auch für das Schulfach Geographie ein solcher Kompetenzenkatalog vorgelegt. Doch die offizielle Zertifizierung durch die Kultusministerkonferenz scheint bislang fraglich.
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„Um die Qualität schulischer Bildung zu sichern, hat die Kultusministerkonferenz (KMK) Bildungsstandards eingeführt“, erläutert Eberhard Schallhorn vom Verband Deutscher Schulgeographen (VDSG). Bislang liegen solche Standards jedoch nur für die Hauptfächer Deutsch, Mathematik und die erste Fremdsprache für verschiedene Schulabschlüsse sowie für die „PISA“-Fächer Biologie, Chemie und Physik für den Mittleren Schulabschluss vor. „Die KMK hat beschlossen, vorerst keine Standards für weitere Fächer entwickeln zu lassen – dies gilt auch für das Schulfach Geographie, obwohl ein bedeutender Anteil der PISA-Aufgaben geowissenschaftliche Inhalte hat und somit auch die Geographie ein „PISA“-Fach ist“, fasst Schallhorn die Problematik zusammen.
Entwicklung aus eigener Initiative
Um diese Lücke zu schließen, hat die Deutsche Gesellschaft für Geographie (DGfG) bereits im Frühjahr 2006 nationale Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss aus eigener Initiative vorgelegt. Erarbeitet wurden die Standards von einer Expertengruppe des Hochschulverbandes für Geographie und ihre Didaktik (HGD) und des Verbandes Deutscher Schulgeographen (VDSG). Beide Verbände sind unter dem Dach der DGfG organisiert. Mitgewirkt haben Geographielehrer, Fachdidaktiker und Fachwissenschaftler.
Aufbau und Akzente
„Die Bildungsstandards beschreiben den Beitrag des Faches Geographie zur Bildung, Kompetenzbereiche des Faches Geographie und – im dritten Abschnitt – Standards für die einzelnen Kompetenzbereiche des Faches Geographie“, erläutert Ingrid Hemmer vom Hochschulverband für Geographie und ihre Didaktik. Die Standards beziehen sich auf die sechs Kompetenzbereiche „Fachwissen“, „Räumliche Orientierung“, „Erkenntnisgewinnung/ Methoden“, „Kommunikation“, „Beurteilung/ Bewertung“ und „Handlung“. Der Kompetenzbereich Fachwissen ist stets durch so genannte Basiskonzepte strukturiert, wobei die Aufgabenbeispiele zur Konkretisierung derzeit noch in Bearbeitung sind.
„Sehr intensiv wurden vor allem die Basiskonzepte diskutiert“, so Hemmer. „Schließlich erfolgte der Durchbruch mit dem Impuls, die komplexe Struktur des Faches dreidimensional darzustellen.“ So sind die physische Geographie sowie die Humangeographie explizit gleich gewichtet. Darüber hinaus wird bewusst großer Wert auf die Wechselbeziehungen zwischen Mensch/Gesellschaft und Natur gelegt. Natürlich finden auch aktuelle fachwissenschaftliche Ansätze schulgemäß ihre Berücksichtigung. „Insgesamt wird damit die Funktion unseres Faches als geowissenschaftliches Zentrierungsfach unterstrichen“, äußert sich Hemmer zufrieden über die einvernehmlichen Zielvorgaben.
Wie es weitergeht…
In der Folge wurden die DGfG-Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss“ der KMK-Präsidentin Ute Erdsiek-Rave mit der Bitte vorgelegt, sie als nationale KMK-Standards zu beschließen. Gleichzeitig erhielten die Vorschläge auch alle 16 Kultusminister der Bundesländer. „Leider wurde der Bitte bislang nicht entsprochen – allerdings hat der KMK-Schulausschuss die Geographie-Standards einhellig begrüßt“, so Schallhorn. Aufgrund der hohen Nachfrage ist die von der DGfG herausgegebene Broschüre bereits in der 2.Auflage und in einer englischen Übersetzung erschienen.
Schon jetzt bilden die Standards eine bundesweit wichtige Grundlage für die Lehrplanarbeit. Sie werden durch zahlreiche Fortbildungsveranstaltungen und Veröffentlichungen implementiert. Gleichzeitig setzte die geographiedidaktische Forschung vor allem im Kompetenzbereich „Räumliche Orientierung“ ein, um wissenschaftlich gesicherte Wege zu finden, die Kompetenzen in Zukunft optimal zu entwickeln.
Das Standard-Dokument ist im Internet als Download im PDF-Format unter Dokumente verfügbar.
(Ingrid Hemmer (HGD), Eberhard Schallhorn (VDSG), 04.05.2007 – AHE)