Europa könnte eine etwas kühlere Zukunft bevorstehen als vom Weltklimarat IPCC vorhergesagt. Das schließen Wissenschaftler jetzt aus einer neuen Analyse der Klimaumschwünge der letzten 10.000 Jahre. Dabei zeigte sich, dass sich die Temperaturen zwischen Nord- und Südatlantik wie eine Wippe verhalten: Warmperioden im Süden korrespondieren meist mit kühleren Phasen im Norden.
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Schwedische Forscher der Lund Universität um Svante Björck, Karl Ljung and Dan Hammarlund haben für ihre neue Studie Bohrkerne aus Seesedimenten und Sümpfen von Atlantikinseln im Nord- und Südatlantik entnommen und analysiert. Die Probenreihe begann in Grönland und reichte dann über Island, die Azoren und Färoerinseln über Tristan da Cunha, die Isla de los Estados bis zur antarktischen Halbinsel. Basierend auf geochemischen und magnetischen Analysen, sowie dem Pollengehalt gewannen die Forscher dabei bisher unbekannte Details der atlantischen Klimaentwicklung. Die zeitliche Auflösung der neuen Daten ist dabei weitaus höher als die aller bisherigen Untersuchungen.
Klima-Wippe im Atlantik
Die Ergebnisse zeigen, dass sich nach dem Ende der letzen Eiszeit zunächst beide Hemisphären erwärmten. „Doch während der letzen 9.000 Jahre können wir ein andauerndes ‚Schaukel’-Muster identifizieren“, erklärt Björck. „Wenn der Südatlantik warm war, war es kalt im Norden und umgekehrt.”
Dieses Muster steht nach Ansicht der Forscher in enger Verbindung zur großräumigen Zirkulation des Atlantiks, dem großen „Fließband des Meeres“. Angetrieben wird es durch das Absinken von kaltem salzigem Wasser im nördlichen Nordatlatantik. Das Wasser strömt dann in der Tiefe südwärts und wird kontinuierlich von neu absinkendem Oberflächenwasser ersetzt. Gleichzeitig strömt warmes Wasser aus dem Südatlantik an der Oberfläche gen Norden. Der Golfstrom und der Nordatlantikstrom wiederum lassen Europa von einem milden Klima profitieren.
Das Absinken des Oberflächenwassers im Nordatlantik ist stark von den Oberflächentemperaturen des Meeres und von seinem Salzgehalt abhängig. Schmelzende Gletscher oder starke Niederschläge „verdünnen“ das Wasser und hemmen damit die „Pumpe“. Als Folge fließt auch weniger warmes Wasser in den Norden und das Klima wird kühler. Solche Anomalien traten nach der letzen Eiszeit häufig auf und haben sich in kleinerem Maßstab auch in der Neuzeit ereignet: In den 1970er Jahren sorgte die „Große Salzanomalie“ dafür, dass die Kabeljaupopulation vor den Färoerinseln deutlich abnahm – das Wasser wurde zu kalt.
Der Süden erwärmt sich bereits
Die neue Studie hat nun erstmals deutliche Belege für eine Erwärmung im Südatlantik, im Bereich der zwischen Südafrika und Argentinien liegenden Tristan da Cunha Inselgruppe, entdeckt, und Korrelationen zu einer Abkühlung des Nordatlantiks nachgewiesen. Einen Komplettausfall der Nordatlantikpumpe und damit der warmen Meeresströmungen im Norden befürchten die Forscher zwar nicht, halten jedoch eine Beeinflussung der „Wippe“ durch den Klimawandel für sehr wahrscheinlich.
„Wir wissen nicht mit Sicherheit was passieren wird“, erklärt Björck. „Einige Untersuchungen der Meeresströmungen deuten auf eine Abschwächung des Golfstroms hin. Auch der Transport von Wärme in den Nordatlantik könnte als Folge der verstärkten Niederschläge zukünftig nachlassen. Ein solches Szenario ließe die Erwärmung für Europa dann geringer ausfallen als vom IPCC vorhergesagt. Ein arktisches Klima allerdings werden wir aber wohl nicht befürchten müssen.“
(Lund University, 02.05.2007 – NPO)