Ein kleines Stück DNA trägt normalerweise dazu bei, Keime auf Fleischprodukten resistent gegenüber einigen gängigen Antibiotika zu machen., Jetzt allerdings ist genau dieses Stück Erbsubstanz auch im Genom des Pestbazillus Yersinia pestis gefunden worden – zur großen Besorgnis von Medizinern. Denn dies könnte der Anfang eines sich ausbreitenden resistenten Peststammes sein.
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Die Fähigkeit, Antibiotika wirkungslos zu machen, ist auf einem kleinen ringförmigen DNA-Stück, einem Plasmid, gespeichert. Genau diese Genringe sind jedoch sehr mobil: Sie werden regelmäßig zwischen verschiedenen Bakterien ausgetauscht. Auf Madagaskar wurden jetzt erstmals Pestbakterien entdeckt, die ein Plasmid mit einer Gensequenz für Multiwirkstoffresistenz in sich tragen.
Resistenzentwicklung als bedrohlich eingestuft
Die Pest gilt als eine der großen Seuchen der Menschheit. Mehr als 200 Millionen Todesopfer forderte der “Schwarze Tod” im Laufe der Geschichte. Heute gilt die Pest als so genannte „emerging disease“, als Seuche, die nur hin und wieder einmal in kleineren Herden irgendwo auf der Welt ausbricht. Da diese Krankheit ohne wirksame Behandlung jedoch oft tödlich endet und es keine Impfung dagegen gibt, gilt sie auch als viel versprechendes Agenz für Biowaffen oder potenzielle Bioterroristen.
Bisher waren Antibiotika sehr wirksam gegen den Erreger, eine sich ausbreitenden Resistenz allerdings könnte dies radikal ändern. „Unsere Daten deuten an, dass sich hohe Anteile von Multiresistenzen in dem Pesterreger sehr schnell auf natürlichem Wege entwickeln können und dann eine große Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und die Abwehr von biologischen Angriffen darstellen könnten“, erklärt Jacques Ravel vom Institut für Genomforschung (TIGR) in Rockville.
Weitere Ausbreitung nicht ausgeschlossen
Bedenklich wird diese Entdeckung vor allem dadurch, dass die gleiche Sequenz bei bestimmten, nahezu überall anzutreffenden Lebensmittelkeimen wie Salmonella sehr verbreitet ist. Die Forscher entdeckten Salmonellen und Escherischia coli Bakterien mit dem gleichen Plasmid auch in Proben von Geflügel, Schweinefleisch und Pute aus verschiedenen Supermärkten in den USA. Da das Plasmid leicht von einem Bakterium zum anderen übertragen werden kann, befürchten die Wissenschaftler eine Übertragung der Resistenzgene auf die Pest auch außerhalb von Madagaskar.
„Die Tatsache, dass wir ein Plasmid, das normalerweise in Salmonellen vorkommt jetzt auch bei Yersinia pestis gefunden haben, ist ein großes Problem“, so Ravel. Seine Kollegin Elisabeth Carniel vom Pasteur Institut in Paris ergänzt: “Als wir den ersten Peststamm entdeckt haben, der gegenüber mehreren Antibiotika resistent ist, haben wir gewarnt, dass wenn dieser Stamm sich ausbreitet oder eine Seuche auslöst, es zu ernsthaften Gesundheitsproblemen kommen wird. Die Entdeckung, dass das bei der Pest gefundene Multiresistenzplasmid in Allerweltskeimen weit verbreitet ist verstärkt die Befürchtungen noch.“
Immerhin erlaubt die von den Forschern eingesetzt Methode der Sequenzierung und die Identifikation des kritischen Plasmidgens jetzt eine bessere Überwachung der Resistenz. Noch ist allerdings auch nicht geklärt, wie und wann die Übertragung der Resistenz von Salmonellen auf Pestbakterien genau stattfand.
(Public Library of Science (PLoS), 22.03.2007 – NPO)