Neurobiologie

Zwei Drittel sind „rechtsäugig“

Präferenz für „Hauptauge“ beeinflusst Lesegeschwindigkeit

Der Mensch ist weitaus weniger symmetrisch als es scheint: Es gibt nicht nur Rechtshänder und Linkshänder, auch beim Sehen bevorzugen wir eines der beiden Augen. Russische Forscher haben jetzt festgestellt, dass rund zwei Drittel aller Menschen „rechtsäugig“ sind. Bemerkbar macht sich dies bei der Verarbeitung der Sehreize: Das jeweilige „Hauptauge“ kann offenbar mehr Information zur gleichen Zeit aufnehmen als das andere.

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Wissenschaftler des Instituts für kognitive Neurologie der Universität Moskau haben spezielle Tests durchgeführt, um festzustellen, wie sich die „Äugigkeit“ der Probanden auf die Verarbeitung der visuellen Information auswirkt. In Vortests wurden aus einer Gruppe von Rechtshändern sowohl rechtsäugige als auch linksäugige Versuchspersonen ausgewählt. Diesen wurden am Bildschirm jeweils Texte gezeigt, einmal in der linken Gesichtsfeldhälfte, einmal in der rechten. Die Forscher maßen die Lesegeschwindigkeit und Gehirnaktivität der Probanden.

Symbolmenge und Rücksprunghäufigkeit veschieden

Normalerweise wird die Lesegeschwindigkeit unter anderem dadurch bestimmt, wie viele Symbole das Auge auf einen Blick erfassen kann. Außerdem lässt sich die Leseeffektivität auch daran messen, wie oft das Auge im Verlauf des Lesens wieder zu bereits gelesenen Worten zurückspringt. Es zeigte sich, dass die linksäugigen Probanden tatsächlich die links platzierten Texte deutlich schneller lesen konnten als die rechten. Bei den rechtsäugigen Versuchspersonen dagegen traten diese Unterschiede nicht auf.

Nähere Analysen enthüllten, dass das Gehirn bei den Linksäugigen während einer Fixierung des linken Texts tatsächlich mehr Symbole auf einmal empfing als bei dem rechten Text. Mit anderen Worten scheint die Informationskapazität bei diesen Menschen links stärker ausgeprägt zu sein. Gleichzeitig führten die Augen bei den linksäugigen Probanden deutlich weniger Rücksprünge im linken Text durch. Generell unterschieden sich die beiden Probandengruppen auch durch die Ausführung der Sakkaden, die winzigen schnellen Sprungbewegungen der Augen beim Fixieren eines Objekts. Während bei den Rechtsäugigen diese Bewegungen in beide Richtungen gleich erfolgten, waren bei den Linksäugigen die Sakkaden nach links deutlich schneller.

Rechte Gehirnhälfte weniger ausgelastet?

Woher aber stammen diese Unterschiede? Hier können auch die Physiologen bisher nur Vermutungen äußern. Da alle Versuchspersonen Rechtshänder waren, besitzt die linke Gehirnhälfte die Kontrolle über die „Haupthand“. Bei den Rechtsäugigen unter diesen Personen muss die gleiche Gehirnhälfte auch das „Hauptauge“ steuern. Anders dagegen bei den Rechtshändern mit dem linken Augen als „Hauptauge“: Hier übernimmt die rechte Gehirnhälfte die Steuerung – und hat eventuell mehr Kapazitäten frei, da sie nicht so stark in die Handsteuerung eingebunden ist. Deshalb können die Linksäugigen links besser lesen.

Die Erkenntnisse aus diesen Versuchen könnten unter anderem für Bildschirmanwendungen oder Lesetrainings nützlich sein. Noch allerdings ist hier noch einiges an Grundlagenforschung nötig.

(Informnauka (Informscience) Agency, 21.03.2007 – NPO)

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