Klima

Antarktis: Seen unter dem Eis beeinflussen Klima

Schmelzwasser beschleunigt Abfluss der Eisströme ins Meer

Recovery Glacier Eisstrom im kombinierten RADARSAT und ICEsat-Bild © NASA

Unter dem Eis der Antarktis verbergen sich gleich mehrere Seen und Wasserwege. Wie Wissenschaftler jetzt in „Nature“ berichten, beschleunigt das Wasser aus diesem ausgedehnten System den Abtransport von Eis aus dem Inneren an die Küste. DAmit spielen die Seen auch für das Klimageschehen insgesamt eine wichtige Rolle.

Eisströme sind große, schnell fließende Strukturen innerhalb der Eisdecke, die Schmelzwasser und Eis vom Land ins Meer transportieren. Einer dieser Ströme, der Recovery Glacier Eisstrom, hat ein Einzugsgebiet von immerhin acht Prozent der gesamten antarktischen Eisdecke – einem Gebiet größer als die gesamten USA. Jährlich fließen hier mehr als 35 Milliarden Tonnen Eis in das Weddell-Meer.

Ein Forscherteam unter Leitung der Geophysiker Robin Bell und Michael Studinger von der Columbia University in New York City hat diesen Eisstrom jetzt mithilfe von moderner Satellitentechnik genauer untersucht. Mit Aufnahmen von Bord der NASA Satelliten Terra und Aqua kartierten sie auch kleinste Veränderungen in den Oberflächenstrukturen des Eisstroms, das Instrument RADARSAT der kanadischen Raumfahrtbehörde dagegen ermöglichte einen Blick unter die Eisdecke.

Seewasser als Gleitmittel

Und dort zeigten sich gleich einige Überraschungen: Die Forscher entdeckten nicht nur vier bisher unbekannte untereisische Seen, sie stellten auch fest, dass diese Seen eine entscheidende Rolle für die Fließgeschwindigkeit des Recovery Glacier Eisstroms spielen. Während sich das Eis stromaufwärts der Seen gerade einmal einen knappen Meter pro Jahr bewegt, steigert sich die Fließgeschwindigkeit stromabwärts bis auf knapp 500 Meter pro Jahr. Nach Ansicht der Wissenschaftler dient das flüssige Wasser der Seen als eine Art Schmiermittel, das den Strom in Bewegung hält. Das Wasser verhindert, dass die Basis des Eisstroms am Grundgestein festfriert.

Der Lake Vostok liegt im Inneren des antarktischen Kontinents unter einer kilometerdicken Eisdecke. Er gilt als einer der größten Süßwasserseen weltweit. © Columbia University, Lamont-Doherty Earth Observatory

“Es ist als wenn die Seen die geothermische Energie des gesamten Beckens speichern und dann in den Eisstrom freisetzen”, erklärt Bell. „Sie treiben den Motor an, der den Abfluss der Eisdecke reguliert.“ Das Wasser in den Seen bleibt flüssig trotz der großen Kälte und wirkt damit wie Öl oder Gleitmittel zwischen Untergrund und Eis. Bell: „Je mehr wir über diese Seen lernen, desto stärker erkennen wir, wie wichtig sie für die Stabilität der Eisdecken sind.“

Klimaeinfluss auch global

Die Ergebnisse des Forscherteams deuten aber auch darauf hin, dass die untereisischen Seen eine wichtige Rolle auch für den Meeresspiegelanstieg und das regionale aber auch globale Klima spielen könnten. „Wir haben festgestellt, dass das Schmelzwasser an der Basis der Eisdecke den Fluss des Recovery Eises in das Meer beschleunigt“, so Bell. „Das wiederum trägt zu höheren Meeresspiegeln weltweit bei. Wir wissen, dass sich in der Vergangenheit mehrfach Sturzfluten aus dem Inneren der Eisdecken ereignet haben, wahrscheinlich vor allem aus diesen untereisischen Seen. Diese plötzlichen Ausbrüche von Süßwasser könnten die nahe liegenden Meeresströmungen stören und so auch den Wärmetransport über die Meere und damit das globale Klimasystem beeinflussen.“

(NASA, 07.03.2007 – NPO)

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