Vor wachsenden Monopolen bei der Zucht von Nutztieren warnt ein neuer Report, den Greenpeace und die Liga für Hirtenvölker gestern in der Arche Warder in Schleswig-Holstein, Europas größtem Park für bedrohte Haustierrassen, vorgestellt haben. Aktueller Anlass war das Patent EP 1330552, das das Europäische Patentamt in München im Januar 2007 erstmals auf genmanipulierte Milchkühe erteilt hat.
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Die "Erfinder" der Turbokühe aus Belgien und Neuseeland beanspruchen Verfahren zur Züchtung von Kühen, die mehr Milch oder Milch mit veränderten Inhaltsstoffen geben. Dies geschieht durch normale Zucht oder den Einbau zusätzlicher Gene in das Genom der Tiere.
Greenpeace sieht jedoch die Gefahr, dass Agrar- und Biotechnologiefirmen die Tierzucht zunehmend mit Patenten kontrollieren und sich den Zugriff auf die Gene von Schweinen und Rindern sichern. Dies führt zu einem Verlust der Artenvielfalt und zur Entwicklung genmanipulierter Nutztierrassen. Zudem werden Landwirte so immer abhängiger von Konzernen.
"Bald gehört der Kuhstall nicht mehr den Bauern, sondern den Konzernen", sagt Christoph Then, Patentexperte von Greenpeace. "Nutztiere sind ins Fadenkreuz der Agrar- und Biotechnologie-Industrie geraten. Dutzende von Patenten auf normale Zucht, geklonte und genmanipulierte Tiere sind beantragt, viele sind schon vergeben."
Physiologischen Grenzen der Milchleistung erreicht?
Greenpeace fordert, die europäische Kartellgesetzgebung für die Landwirtschaft zu verschärfen. Zudem muss die europäische Patentrichtlinie geändert werden, damit Patente auf Tiere und ihre Gene, auf Pflanzen und Saatgut nicht mehr möglich sind. Auch die Bundestierärztekammer und die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall warnten gestern in der Arche Warder vor der Patentierung landwirtschaftlicher Nutztiere.
"Tierärzte sind gegen eine Reduzierung der Tiere auf ihren kommerziellen Nutzwert", sagt Dr. Karl Fikuart von der Bundestierärztekammer. "Das Erzwingen von höherer Leistung mittels gentechnischer Methoden lehnen wir ab, da bereits jetzt fast alle auf Hochleistung gezüchteten Nutztiere an ihre physiologischen Grenzen stoßen. Patente auf Tiere und ihre genetischen Anlagen sollten aus ethischen, aber auch aus Gründen des Tierschutzes und einer richtig verstandenen Tierzucht nicht erteilt werden."
Auch auf geklonte Nutztiere wurden bereits mehrfach Patente erteilt, so Greenpeace. Patentanträge erfassen aber auch zunehmend ganz normale Tiere: Im Jahr 2005 hat der US-Agrar-Konzern Monsanto weltweit Patente auf normale Schweine und deren Zucht angemeldet. Nach Protesten wurde jetzt einer der europäischen Patentanträge abgeschwächt.
Vertreter der Liga für Hirtenvölker übergaben den neuen Report auch der UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO, die in Rajastan/Indien tagt. Bis September 2007 will die FAO ein Programm zum Erhalt tiergenetischer Ressourcen erarbeiten.
(Greenpeace, 27.02.2007 – DLO)