Schon seit mehr als zwei Jahren wird in München die Messestadt Riem umweltschonend mit Fernwärme versorgt. Das Besondere daran: die Energie stammt aus über 3.000 Metern Tiefe. Die Geothermie deckt aktuell über 80 Prozent des Wärmebedarfs, womit eine CO2-Einsparung von etwa 7.000 Tonnen jährlich erreicht wird. Der erfolgreiche Betrieb zeigt, dass die Nutzung von Erdwärme auch in Millionenstädten ein Potenzial hat und große Gebiete mit Heizenergie versorgen kann.
Im Inneren des Erdballs steckt viel Energie – Vulkane, Geysire und heiße Quellen zeugen davon. Heute gibt es in über 50 Ländern große Kraftwerke, die Strom mit der Wärme aus dem Inneren der Erde erzeugen. Denn bohrt man von der Oberfläche in die Tiefe, so steigt die Temperatur im Durchschnitt alle 100 Meter um drei Grad an. In 2.800 Meter Tiefe kann man über 80 Grad Celsius erwarten. Genug, um damit zu heizen – ganz ohne Wärmepumpe und den damit verbundenen zusätzlichen Stromverbrauch.
Angezapftes Wärmereservoire
Auch in München sind die Voraussetzungen für die so genannte hydrothermale Geothermie sehr gut: Tief unter der Erdoberfläche befindet sich ein riesiger Vorrat an heißem Wasser. Der unterirdische Wasserspeicher liegt im so genannten Malm-Kalkstein, der äußerst porös und zerklüftet ist und so eine starke Zirkulation des heißen Wassers ermöglicht. Ein großer Vorteil für die geothermische Nutzung, denn nur so ist eine genügend große Fördermenge möglich. Bereits im Jahr 2003 wurden in Riem zwei Bohrungen über 3.275 Meter und 3.225 Meter tief in den Malm-Karst abgeteuft – das Herzstück der heutigen Geothermieanlage.
Das in dieser Schicht lagernde Tiefengrundwasser mit einer Temperatur von 98 °C wird mit einer Pumpe durch die eine der Bohrungen nach oben gefördert, gibt seine Wärme über Wärmetauscher an das Nahwärmenetz ab und wird durch die andere Bohrung wieder zurückgeführt. Das ist erforderlich, um den Wasserhaushalt in der Tiefe nicht zu stören. Der natürliche Zufluss von Wasser in diese Schicht ist nämlich sehr gering. An der Oberfläche wurden die beiden Bohrungen im Abstand von nur 15 Meter erstellt. In der Tiefe liegen sie hingegen, da eine der Bohrung abgelenkt wurde, rund zwei Kilometer weit auseinander. Dies verhindert den direkten Zufluss des abgekühlten Wassers aus der Injektionsbohrung zur Förderbohrung.
„Abbau“ der Erdwärme
Trotzdem entnimmt die Geothermie-Anlage dem unterirdischen Speicher mehr Wärme, als in der Umgebung der Bohrungen auf natürliche Weise nachgeliefert wird: Die Wärme wird „abgebaut“. Daher ist ein „Bergbaugutachten“ für die Erlaubnis zur Nutzung der Ressource erforderlich. Darin ist nachgewiesen, dass sich an der Entnahmestelle das Wasser nach 100 Jahren Betrieb nicht mehr als 1 Grad Celsius abgekühlt haben wird. Für die Geothermie-Anlage sind im Heizwerk zwei Plattenwärmeübertrager aufgestellt, die die Wärme vom Thermalwasser mit geringsten Verlusten an das Heizwasser übertragen, das dann die Wärme in die angeschlossenen Gebäude bringt. Eine vollautomatische Steuerung der Pumpen und Ventile sorgt dafür, dass die Wärme aus der Erde optimal in das Gesamtsystem eingespeist wird. Die Anlage verfügt über neun MW Leistung und hat sich nach Angaben der Betreiber bis heute im Dauerbetrieb bewährt.
(Christian Pletl – SWM Services GmbH, 23.02.2007 – AHE)