Das Planen für die Zukunft ist keineswegs eine Domäne des Menschen: Auch einige Vogelarten können es, wie jetzt Wissenschaftler im Fachmagazin „Nature“ berichten. Wenn Buschhäher annehmen, ihnen steht eine Zeit der Nahrungsknappheit bevor, „hamstern“ sie Futter – sonst nicht.
Das Vorausplanen für die Zukunft ist ein komplexes Verhalten, von dem man bisher glaubte, nur der Mensch sei dazu fähig. Andere Tiere, so die Beobachtungen, bleiben der Gegenwart und ihren Ansprüchen zu sehr verhaftet. Zwar gibt es einige Tierarten, die mögliche zukünftige Bedürfnisse erkennen können, dies jedoch sind nach Ansicht der Verhaltensforscher instinktive, „vorprogrammierte“ Verhaltensweise wie beispielsweise der Nestbau bei Vögeln oder aber Reaktionen auf unmittelbare Bedürfnisse wir das Futtersammeln bei Hunger.
Frühstück oder Nicht-Frühstück?
Nicky Clayton, Professorin für experimentelle Psychologie an der Universität von Cambridge und ihr Team wollten es jedoch genauer wissen. Sie testeten die „Planungsfähigkeiten“ des Buschhähers, einem zu den Rabenvögeln gehörenden, unter anderem in den USA heimischen Verwandten unseres Eichelhähers.
Acht Buschhäher wurden jeden Morgen in einen von zwei Volierentypen gesetzt: Entweder dem „Frühstücksraum“ oder den „Nicht-Frühstücksraum“. Dort durften sie den ganzen Tag essen, soviel sie wollten. Die Vögel im „Nicht-Frühstücksraum“, bekamen aber am nächsten Morgen kein Futter mehr. Nach wenigen Tagen der Eingewöhnung, erhielten die Vögel in beiden Volierentypen zusätzlich zum normalen Futter auch Pinienkerne, die sich besonders gut zum Bevorraten eignen. Es zeigte sich, dass die Tiere, die am Morgen in die „Nicht-Frühstücksvoliere“ gesetzt wurden, dies offenbar erkannten. Denn in Erwartung eines hungrigen Morgens versteckten sie Pinienkerne in der Voliere, die sie am Morgen als Frühstücksersatz verzehrten. Demgegenüber zeigten Tiere, die in der „Frühstücksvoliere“ landeten, dieses Vorratsverhalten nicht.
Handeln für zukünftige Bedürfnisse
Nach Ansicht der Forscher ist dies ein erster Hinweis auf ein Verständnis zukünftiger Bedürfnisse, denn eine unmittelbare Notwendigkeit des Hortens war durch das leicht zugängliche Futter am jeweils ersten Tag in der Voliere ja nicht gegeben. Doch sie wollten es noch genauer wissen. Deshalb variierten sie das Experiment nun so, dass in der einen Voliere am nächsten Morgen Hundefutter, in der anderen Erdnüsse angeboten wurden. Am Vortag hatten die Vögel jeweils wieder unbeschränkten Zugang zu beiden Futtersorten. Und wieder zeigten die Tiere Ansätze eines vorausschauenden Handelns: Die Vögel in der „Hundefuttervoliere“ lagerten am Vortag Erdnüsse ein, um am nächsten tag weiterhin ein abwechslungsreiches Futter zu haben, die Tiere in der Erdnussvoliere verhielten sich umgekehrt.
Wenn die Buschhäher sich für den unmittelbaren Bedarf bevorratet hätten, so die Wissenschaftler, dann hätten sie höchstwahrscheinlich nicht zwischen den beiden Futtersorten unterschieden. Das gezielte Sammeln nur einer Futtersorte setzte Erkennen des zukünftigen Angebots voraus.
„Die Buschhäher demonstrieren ein Verhalten das zeigt, dass sie sowohl für zukünftige Futterknappheit vorsorgen können als auch darauf trachten, ihre Diät dann so abwechslungsreich wie möglich zu halten“, erklärt Clayton. „Das deutet darauf hin, dass fortgeschrittene und komplexe Gedankenprozesse beteiligt sind. Sie besitzen offenbar ein Konzept von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und bauen dies in ihre Planungen ein.“
(University of Cambridge, 22.02.2007 – NPO)