Ein regelmäßiges Nanomuster aus Natriumatomen könnten die Verbindung Natriumkobaltoxid zu einem perfekten Material für Laptop-Batterien, effiziente Kühlmittel oder Supraleiter machen. Wissenschaftlern ist es jetzt gelungen, aus dem anfangs metallischen Material einen Isolator und dann einen Supraleiter zu bilden. Damit sind die Voraussetzungen für einen Einsatz als Stromlieferant gegeben, wie die Forscher jetzt in der Zeitschrift „Nature“ berichten.
Auf atomarem Niveau hat Natriumkobaltoxid (NaxCoO) eine Struktur, in der sich Schichten aus Kobaltoxid mit solchen aus Natriumatomen abwechseln. Die Natriumatome sind in regelmäßigen Mustern angeordnet und bestimmen dadurch die elektrischen Eigenschaften des Materials. Sind beispielsweise die Natriumatome weit voneinander entfernt, kann jedes Atom Elektronen einfangen und so den Stromfluss behindern – die Substanz wird zum Isolator. Sind die Atome dagegen in Reihen angeordnet, wirken sie wie Drähte, so dass der Strom entlang einer Richtung fließen kann.
Anordnung bestimmt die Eigenschaften
Professor Alan Tennant, vom Hahn-Meitner- Institut Berlin, von dem die Idee für die Arbeit stammt, erläutert: "Die Elektronen, die für den Stromfluss verantwortlich sind, verhalten sich wie Wellen. Sie wollen ihre Wellenlänge einer regelmäßigen äußeren Struktur anpassen. Weil die genaue Dichte der Natriumatome ihre geometrische Anordnung bestimmt, kann man die Elektronen mithilfe der chemischen Zusammensetzung beeinflussen. Wären die Natriumatome zufällig verteilt, würden kleine Änderungen der Zusammensetzung den Strom in der Substanz kaum verändern." Alan Tennant betont, dass die Ergebnisse technologisch sehr wertvoll sind, denn "unsere Fähigkeit, den Elektronenfluss immer genauer zu steuern, macht den rasanten Fortschritt der Informations- und Kommunikationstechnologien erst möglich."
Verbesserte Festkörperbatterien haben vor allem iPods, Mobiltelefone und andere tragbare elektronische Geräte revolutioniert. Laptopbatterien bestehen heutzutage aus Lithium-Kobalt-Oxid – einer Substanz, die dem Natrium-Kobalt-Oxid sehr ähnlich ist. Man lädt sie, indem man die Konzentration der Lithium-Atome ändert. "Wir wissen, dass auch die Lithium-Atome in regelmäßigen Mustern angeordnet sind. Sie dürften ein ähnlich aufregendes Verhalten zeigen wie die Natrium- Verbindungen", sagt Tennant.
Kühlende Muster
Natriumkobaltoxid könnte auch Grundlage effizienter thermoelektrischer Kühlsysteme sein, denn es erfüllt als eine von wenigen Substanzen die nötigen Bedingungen: sie leitet Wärme nur schlecht, ist aber ein guter elektrischer Leiter. Den Grund dafür kann man sich an der abgebildeten Struktur veranschaulichen: die rot markierten Natriumatome sind in "Käfigen" gefangen, die von den blau markierten Atomen gebildet werden.
Sie können in diesen "Käfigen" hin und her schwingen und nehmen so einen großen Teil der Wärme auf, die sich durch die Substanz bewegt ohne gleichzeitig den elektrischen Strom in seinem Fluss zu stören. Neuartige thermoelektrische Materialien könnten Wege zu effizienteren Kühlverfahren eröffnen und somit helfen, Elektrizität aus geothermischer Energie oder dem heißen Wasser zu gewinnen, das in gewöhnlichen Kraftwerken entsteht.
Natriumatome in der „Bienenwabe“
Die Forscher haben für verschiedene Natriumkonzentrationen zahlreiche Natriummuster gefunden. Um zu verstehen, wie diese entstehen, kann man sich die Atome als Murmeln vorstellen. Die Sauerstoffatome sind in einem Bienenwabenmuster angeordnet, wobei die Natriumatome in den Vertiefungen liegen, die sich zwischen ihnen bilden. Weil die Natriumatome zu groß sind, können nicht zwei von ihnen in benachbarten Vertiefungen liegen, so dass bei maximaler Natriumkonzentration nur jede zweite Vertiefung besetzt ist. Dadurch entstehen zwei Arten von möglichen Natriumpositionen. Außerdem stoßen die Natriumatome einander ab, so dass diese versuchen, möglichst weit voneinander entfernt zu sein. Die tatsächliche Struktur spiegelt die beste Anordnung bei bestimmter Konzentration wider, die diesen Forderungen genügt.
Die experimentellen Daten, die nötig waren, um die Natriumstrukturen aufzuklären, lieferten Versuche mit Neutronen und Synchrotronstrahlen am Hahn-Meitner-Institut Berlin und am Rutherford Appleton Laboratrory in Großbritannien. Mit Hilfe des Supercomputers MAP2, der an der Universität Liverpool üblicherweise für Rechnungen in der Elementarteilchenphysik genutzt wird, konnten die Wissenschaftler dann die Natriummuster entschlüsseln.
An dieser europäischen Kooperation waren darüber hinaus Forscher der Universitäten Oxford und Bristol, der Berliner Synchrotronstrahlungsquelle BESSY und der Europäischen Synchrotronstrahlungsquelle ESRF beteiligt.
(Hahn-Meitner-Institut Berlin, 08.02.2007 – NPO)