Wenn hormonproduzierende Drüsen wie Nebenniere, Hypophyse, Bauchspeichel- und Nebenschilddrüse von Krebs befallen werden, hat das oft genetische Ursachen. Wissenschaftler haben jetzt in Ratten eine Genmutation entdeckt, die auch beim Menschen Tumoren in solchen endokrinen Drüsen hervorruft. Die Studie wurde im angesehenen Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences vorgestellt.
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Begonnen hat die Erfolgsstory mit zwei blinden Ratten. Auf der Suche nach dem Grund der Erblindung stießen die Pathologen des GSF-Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit in Neuherberg bei München bei beiden miteinander verwandten Tieren auf Karzinome in den Nebennieren. Dieses Krankheitsbild ähnelt, wie die Wissenschaftler unter Leitung von Dr. Michael Atkinson und Dr. Natalia Pellegata wussten, dem der Multiplen Endokrinen Neoplasie (MEN) des Menschen. Bei dieser recht seltenen, angeborenen Krankheit entsteht früher oder später Krebs in nahezu allen hormonbildenden Geweben.
Man weiß, dass MEN von Mutationen in zwei Genen ausgelöst wird. Doch finden sich hin und wieder auch MEN-Patienten ohne diese Mutationen, was die Diagnose erheblich erschwert. Zudem bricht die außerordentlich variable Krankheit manchmal früh, manchmal erst spät aus. Vor allem betroffene Kinder haben eine geringe Lebenserwartung. Deshalb wäre es segensreich, wenn Ärzte frühzeitig vorhersagen könnten, ob Kinder eines betroffenen Elternteils ebenfalls gefährdet sind. Die GSF-Wissenschaftler suchen nun nach Merkmalen, die eine solche frühzeitige Prognose erlauben.
Zwar ist bei Ratten keines der für MEN typischen Gene mutiert, dafür aber ein anderes: das Gen für das Protein p27. p27 wirkt bei der Zellteilung quasi als Bremse; ist es mutiert, können sich die Zellen unkontrolliert vermehren. Tatsächlich fanden die Pathologen ein mutiertes p27-Gen auch bei einer Familie mit endokrinen Karzinomen, aber ohne Mutation in den MEN-Genen.
Offenbar steht also auch die p27-Mutation mit MEN in Verbindung. Jetzt verfolgen die Wissenschaftler an p27-mutierten Ratten, welche Symptome zu welchem Zeitpunkt auftreten. Durch Vergleiche von Früh– und Spätformen hoffen sie dann Marker bestimmen zu können, die verlässlich anzeigen, ob ein Ausbruch der Krankheit zu erwarten ist.
(GSF, 08.01.2007 – NPO)