Biologie

„Zickenkrieg“ im Tierreich

Kampf um Partner und Ressourcen auch unter Weibchen

Konkurrenzkampf bei Erdmännchen © Andrew Young, University of Cambridge

Bei den meisten Tierarten investieren die Männchen weniger in die Aufzucht der Nachkommen und konkurrieren dafür aggressiver um ihre poteziellen Partnerinnen. Bei einigen Säugern wie den Erdmännchen oder Tüpfelhyänen allerdings ist dies offenbar umgekehrt, wie eine neue, jetzt in Nature veröffentlichte Studie zeigt. Dieser Wettbewerb zwischen den Weibchen beeinflusst auch die Entwicklung von Geschlechtsunterschieden und –merkmalen bei diesen Tierarten.

Bei der sexuellen Selektion geht es normalerweise darum, sich gegen Konkurrenten des gleichen Geschlechts durchzusetzen, um Paarungspartner oder Paarungsmöglichkeiten zu ergattern. Bei den meisten Tierarten ist dasjenige Geschlecht die umkämpfte Ressource, das am meisten elterliche Investitionen leistet. Häufig sind dies die Weibchen. Das Geschlecht, das weniger in die Nachkommen investiert, konkurriert stärker um den Zugang zu den Partnern und entwickelt als Folge dieses Wettbewerbs oft auch ausgeprägte sekundäre Geschlechtsmerkmale.

Erdmännchen: Weibchen als das konkurrierende Geschlecht

Doch das ist offenbar nicht immer so: Bei einigen Säugerarten konkurrieren die Weibchen stärker untereinander als die Männchen – obwohl sich trotzdem vorwiegend die Weibchen um die Jungen kümmern. Eine solche Konkurrenz zwischen Weibchen ist, so die Annahmen der Wissenchaftler, besonders bei Arten mit kooperativer Jungenaufzucht zu erwarten. Bei dieser Aufzucht monopolisiert ein einzelnes Weibchen in einer Gruppe die Fortpflanzung, und andere erwachsene Gruppenmitglieder helfen bei der Aufzucht mit. Ob dies wirklich so ist, haben Forscherinnen und Forscher der Universitäten Cambridge, Pretoria, Uppsala, Sheffield, Stellenbosch und Zürich im Rahmen einer zwölfjährigen Studie an wildlebenden Erdmännchen (Suricata suricatta) getestet.

Erdmännchen im Konflikt © Andrew Young, University of Cambridge

Dabei zeigte sich einerseits, dass die Weibchen begrenzteren Fortpflanzungsmöglichkeiten ausgesetzt sind als die Männchen. Andererseits aber ist die Konkurrenz zwischen den Weibchen sehr stark ausgeprägt. Wie Marta Manser, Biologieprofessorin an der Universität Zürich erklärt, haben die Weibchen einen größeren Nutzen vom Erlangen des höchsten sozialen Ranges in der Gruppe als Männchen. „Dominante Weibchen bringen nicht nur viel mehr Nachkommen als andere erwachsene Weibchen hervor, sie sind auch erfolgreicher.“ Bei Männchen hingegen ist der Fortpflanzungserfolg viel weniger abhängig vom sozialen Rang. Dominante Weibchen entwickeln zudem eine Reihe von morphologischen und physiologischen Merkmalen sowie Verhaltensweisen, um andere Gruppenmitglieder zu kontrollieren. „Entsprechende Entwicklungen finden wir auch bei den kooperativen Nacktmullen, bei denen ein dominantes Weibchen Kolonien bis zu 300 Mitgliedern kontrolliert“, so die Verhaltensbiologin Manser.

Hyänen: Konkurrenz um Ressourcen

Eine starke Konkurrenz um den Zugang zu spärlichen Ressourcen, kombiniert mit ausgeprägter Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale bei Weibchen, fanden die Forschenden aber auch bei Wirbeltieren, die weniger stark kooperieren als die Erdmännchen. So sind die Weibchen der Tüpfelhyänen größer und aggressiver als die Männchen. Sie konkurrieren zudem mehr um den sozialen Status, der den Zugang zu Ressourcen und die Überlebenschance ihrer Nachkommen beeinflusst. Die um Brutplätze kämpfenden Weibchen der Clownfische und Edel-Papageien wiederum sind größer oder auffälliger gefärbt und aggressiver als die Männchen. „Im Gegensatz zu den Männchen konkurrieren die Weibchen um Ressourcen, die ihnen eine Jungenaufzucht ermöglichen, und nicht um Partner als Keimzellen-Lieferanten des anderen Geschlechtes“, erläutert Manser.

Geschlechtsunterschiede bei den elterlichen Investitionen sind somit nicht allein ausschlaggebend für die Evolution von Geschlechtsunterschieden und den Vorgang der sexuellen Selektion. Ebenso wichtig sind die Folgen der vielen Formen der Konkurrenz um Fortpflanzungsmöglichkeiten zwischen Weibchen. In der geläufigen Definition von sexueller Selektion, reduziert auf die innergeschlechtliche Konkurrenz um Paarungspartner oder Paarungsmöglichkeiten, werden diese jedoch ausgeschlossen.

(Universität Zürich, 21.12.2006 – NPO)

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