Geowissen

Schlammvulkan läuft „Amok“

Kampf gegen Schlammflut bisher wenig erfolgreich

Versuche, den Schlamm abzupumpen, sind bisher fehlgeschlagen © ZMT

Auf Java spuckt seit Mai einer der größten Schlammvulkane der Welt Schlamm und Gase. Tausende von Menschen sind bereits evakuiert, alle Versuche, die Schlammfluten einzudämmen sind bisher fehlgeschlagen. Die Entsorgung der schwermetallhaltigen Schlammassen könnte zudem katastrophale Folgen für Böden und Küstengewässer haben. Deutsche Forscher setzen modernste Messtechnik ein, um das Ausmaß der Folgen zu ermitteln.

Seit Mai dieses Jahres spielt sich im Osten Javas eine beispiellose Naturkatastrophe ab. Mitten in einem dichtbesiedelten Gebiet speit ein Krater Gase und heiße Schlammassen aus tiefen Erdschichten heraus. Der übelriechende Auswurf ist bis heute nicht versiegt sondern steigert sich von Tag zu Tag. Ursache des Desasters: Bei einer Probebohrung auf der Suche nach Erdgas im Mai dieses Jahres war offenbar ein unterirdisches Schlamm-Reservoir in rund 3.000 Metern Tiefe getroffen worden. Durch vulkanische Kräfte gespeist dringt nun seit Monaten Schlamm an die Oberfläche.

Kampf gegen die Schlammfluten

Waren es im Juni noch 5.000 Kubikmeter Schlamm, die täglich aus dem Erdinneren quollen, ist die Menge mittlerweile auf 130.000 Kubikmeter angewachsen. Ganze Dörfer und etliche Fabrikgelände sind von den Schlammassen bedeckt, mehr als 12.000 Menschen mussten evakuiert werden. Mit verschiedenen Kunstgriffen versucht die Regierung Indonesiens, der Sintflut Herr zu werden – eine Sisyphusarbeit. Die schnell errichteten Deiche wurden mehrfach überschwemmt, Auffangbecken liefen über. Mit moderner Bohrtechnologie soll der Krater verschlossen werden. Es quillt und sprudelt jedoch auch aus etlichen kleineren Löchern.

Bagger auf drehenden Konsolen sollen den Schlamm flüssig halten und ein Absedimentieren verhindern. Mittlerweile leitet ein Stichkanal die Schlammmassen mithilfe eines Pumpwerkes in den nahegelegenen Fluss Porong, der nicht weit vom Ort des Geschehens ins Meer mündet. Als weiterer Abfluss dient eine Pipeline, die die Schlammflut direkt ins Meer spült.

Schlamm für Mangrovenaufforstung?

Ein Projekt des Zentrums für Marine Tropenökologie in Bremen soll nun in Kooperation mit dem GKSS- Forschungszentrum und der Firma 4H Jena Engineering mithilfe modernster Messtechnologie die Folgen für Boden und Gewässer untersuchen.

Die indonesische Regierung hofft, aus der Katastrophe einen Nutzen ziehen zu können. Der Schlamm soll sich entlang der Küstenlinie anlagern und von Mangroven besiedelt werden. In diesen sollen dann wieder Garnelenteiche entstehen. Der natürliche Mangrovenbestand wurde hier schon vor Jahrzehnten abgeholzt, um Platz für Aquakulturanlagen zu schaffen. Sie bilden ein endloses Schachbrettmuster entlang der Küste. Die meisten Teiche leiden jedoch an den üblichen Malaisen tropischer Aquakultur. Pestizide, Dünger und der Kot der Garnelen belasten das Ökosystem. Mittlerweile sind die Teiche übersäuert und nicht mehr sehr ergiebig. Ein neuer Mangrovengürtel soll wieder günstige Bedingungen für die Zucht schaffen.

Küstengebiete bedroht

"Ob die Rechnung aufgeht, ist unsicher", meint Tim Jennerjahn, Leiter des ZMT-Projektes. "Erste Messungen haben ergeben, dass der Schlamm sehr nährstoffarm ist und einen relativ hohen Anteil an Schwermetallen hat". Es ist fraglich, ob das neugewonnene Schwemmland als Substrat für Mangroven geeignet ist.

Noch gravierender könnten nach Ansicht der Forscher die Auswirkungen auf das Küstenmeer sein. Die Region hat eine außergewöhnlich hohe Bevölkerungsdichte, und ein Großteil der Einwohner lebt vom Meer und seinen Ressourcen. Vor Ostjava führt die Madurastraße entlang, die reich an Fisch-, Muschel-, und Krabbenbeständen ist. Die mächtigen Schlammassen werden jedoch die bodenlebenden Meerestiere schlichtweg ersticken. Ein wesentlicher Bestandteil der Nahrungskette wird dadurch gefährdet.

(Zentrum für Marine Tropenökologie (ZMT), 28.11.2006 – NPO)

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