Die „Architekten“ der Steinzeit wussten schon vor 7.000 Jahren, für ihre Bauwerke den richtigen Untergrund auszusuchen. Dies hat nun eine geologische Untersuchung des bislang ältesten Sonnenobservatoriums Europas ergeben. Denn verglichen mit angrenzenden Bereichen steht die kreisrunde Anlage auf einem Boden mit hoher Festigkeit und großer Entwässerungsleistung.
Bereits drei Jahrtausende vor der Vollendung von Stonehenge im Süden von England errichteten frühe bäuerliche Gemeinschaften eine ähnlich monumentale Anlage in Mitteldeutschland. Das Observatorium von Goseck im heutigen Sachsen-Anhalt bestand aus einem kreisförmigen Graben mit rund 75 Metern Durchmesser, der im Inneren von zwei Palisadenwänden eingefasst und durch drei aufwändig gestaltete Tore zugänglich war. Archäologische Funde bestätigten die Vermutung, dass die Anlage als zentrale Kult- und Versammlungsstätte sowie zur Bestimmung der Wintersonnenwende gedient hat.
Nachdem die jungsteinzeitliche Kultstätte bereits im Jahr 2005 vollständig rekonstruiert werden konnte, hat nun eine deutsche Nachwuchswissenschaftlerin den Untergrund des Bauwerks geologisch unter die Lupe genommen. „Wir wollten wissen, ob sich die Steinzeit-Architekten bewusst für diesen speziellen Standort entschieden hatten und ob neben astronomischen Überlegungen vielleicht auch der Baugrund eine Rolle gespielt haben könnte“, erklärt Kirsten Piper Erickson von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. In Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt liegt nun das Ergebnis ihrer detaillierten Untersuchungen vor.
Eiszeitliche Ablagerungen
„Weite Teile rund um das Sonnenobservatorium von Goseck sind von quartären Lockersedimenten bedeckt. Um diese näher zu bestimmen, wurden über zweihundert Peilstangensondierungen bis in eine Tiefe von zwei Metern durchgeführt“, so Erickson. Die geologischen Untersuchungen ergaben für den Boden eine komplexe Abfolge von Sanden und Tonen. Diese hatten sich während der Elster-Kaltzeit vor über 370.000 Jahren in Schmelzwasserseen abgelagert und waren anschließend zum Teil durch Grundmoränenschutt überdeckt worden. „Auf einigen erhöhten Ebenen sind diese grobkiesigen Schotterfelder bis heute erhalten geblieben und unterscheiden sich in ihrer Struktur erheblich von den darunter liegenden Feinsedimenten“, fügt die angehende Geologin hinzu.
Wie die Kartierung zeigt, wurde auch das Sonnenobservatorium von Goseck auf solch einer Ebene mit kiesigem Untergrund errichtet. Die Bedeckung mit Lössablagerungen aus der Weichseleiszeit beträgt dort nur maximal einen halben Meter. Dies ist neben dem kiesigen Untergrund der zweite Unterschied zur umliegenden Region. Denn dort erreicht die Lössmächtigkeit inklusive des darüber liegenden Bodenbildungshorizonts stellenweise bis zu zwei Meter.
„Trockenen Fußes“ nutzbar
„Diese besondere geologische Situation macht den Baugrund der Anlage so besonders. Denn verglichen mit den angrenzenden Bereichen hat dieser eine bessere Drainagefähigkeit, die das Wasser bei starken Regenereignissen schneller in den Untergrund ableitet. Außerdem erhielt das Bauwerk durch die Einbettung in die groben Kiese eine besonders gute Standfestigkeit“, fasst Erickson die Ergebnisse zusammen. Die neolithischen Siedler hatten sich somit für ihr monumentales Bauwerk einen ausgezeichneten Standort ausgesucht – es stand fest verankert und sie konnten es trockenen Fußes nutzen.
(Kirsten Piper Erickson, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, 24.11.2006 – AHE)