Die Belastung von Gewässern mit Medikamentenrückständen ist zu einem erheblichen Anteil auf die unsachgemäße Entsorgung in Privathaushalten zurückzuführen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die fast 2.000 Personen zu ihrem Entsorgungsverhalten von Alt-Medikamenten befragt hat. Vor allem flüssige Arzneimittel werden häufig über die Toilette entsorgt.
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Arzneimittelwirkstoffe werden in den letzten Jahren immer häufiger in Flüssen, im Grundwasser und vereinzelt auch im Trinkwasser nachgewiesen. In Deutschland lässt sich ein breites Spektrum von Wirkstoffen mittlerweile in nahezu allen Oberflächengewässern finden. Der Haupteintrag erfolgt über die kommunalen Kläranlagen: Nach der Einnahme werden die Wirkstoffe zum Teil unverändert ausgeschieden und gelangen so in die Abwässer.
„Inwieweit jedoch auch die unsachgemäße Entsorgung von Medikamentenresten über Toilette oder Spüle zu den gemessenen Umweltkonzentrationen beiträgt, ist für Deutschland bisher weitgehend ungeklärt – aussagekräftige Daten zum Entsorgungsverhalten der Bevölkerung liegen kaum vor.“, betont Projektleiter Dr. Florian Keil vom Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE). „Aus diesem Grund hat das Forschungsprojekt start im Juli 2006 eine empirische Studie durchgeführt, die die Entsorgungswege nicht verbrauchter Medikamente detailliert erfasst.“
Entsorgungsroutinen
Die bevölkerungsrepräsentative bundesweite Befragung von 1.977 Personen über 18 Jahren zeigt, dass bei mehr als 90 Prozent der Befragten Medikamente im Haushalt vorhanden sind. Ungefähr die Hälfte der Befragten hat dabei einen Vorrat von 6 bis 20 Medikamenten in der Hausapotheke. Rund 75 Prozent der Befragten haben gewisse Entsorgungsroutinen ausgebildet und räumen regelmäßig mindestens einmal oder häufiger pro Jahr ihre Hausapotheke auf beziehungsweise betreiben erst gar keine Medikamenten- Vorratshaltung, sondern entsorgen ihre nicht verbrauchten Medikamente sofort.
Entsorgung über die Toilette
Der Anteil an Personen, die nicht verbrauchte Tabletten über die Toilette entsorgen, liegt bei insgesamt 16 Prozent, davon tun drei Prozent dies immer oder häufig und 13 Prozent manchmal oder selten. Dagegen werden Reste von flüssigen Arzneimitteln wesentlich häufiger über die häuslichen Abwässer entsorgt: Insgesamt 43 Prozent der Befragten geben an, dass sie dies zumindest gelegentlich tun, während nahezu 20 Prozent die flüssigen Arzneimittelreste immer oder häufig über die Spüle oder die Toilette entsorgen. Grund für diesen hohen Anteil – auch dies bestätigt die Befragung – ist die stark ausgeprägte Glas-Recyclingbereitschaft deutscher Haushalte. Im Zuge der getrennten Entsorgung der Glasbehälter werden diese vorab entleert und ausgespült.
Entsorgung über Apotheken oder Restmüll
Die allgemein geltende Empfehlung, nicht verbrauchte Medikamente in der Apotheke abzugeben, hat für zwei Drittel der Befragten Handlungsrelevanz wobei jedoch lediglich 29 Prozent immer so mit nicht verbrauchten Medikamenten verfahren. Die Entsorgung von Medikamentenresten samt Verpackung über den Restmüll wird von 16 Prozent der Befragten immer oder häufig betrieben, während 27 Prozent dies immerhin manchmal oder selten tun.
„Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass die unsachgemäße Entsorgung von unverbrauchten Medikamenten über die häuslichen Abwässer in deutlichem Umfang erfolgt.“, erläutert Projektleiter Dr. Florian Keil. „Die erhobenen Daten legen die Vermutung nahe, dass der direkte Eintrag der Arzneimittelwirkstoffe in den Abwasserstrom einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an den gemessenen Konzentrationen in den Gewässern darstellt. Eine genauere Bestimmung dieses Anteils ist jedoch insbesondere wegen der unzureichenden Datenlage bei Produktions- und Verbrauchsmengen für einzelne Wirkstoffe nur unter erheblichen Unsicherheiten möglich.
Die Erhebung zeigt aber auch, dass in der Bevölkerung Unklarheit über die sachgemäße Entsorgung von nicht verbrauchten Arzneimitteln besteht.“ Vor allem erscheint es den Wissenschaftlern daher geboten, eine verbesserte öffentliche Kommunikation zum richtigen Umgang mit Medikamentenresten zu erreichen. Sie kann ein einfaches aber wirksames Instrument zur Verringerung von Gewässerbelastungen mit Arzneimittelwirkstoffen sein. „Strategien zur Reduktion von Arzneimittelwirkstoffen im Wasserkreislauf müssen aber über eine verbesserte öffentliche Kommunikation hinausgehen.“, betont Keil.
(idw – Institut für sozial-ökologische Forschung ISOE, 02.11.2006 – AHE)