Klima

Klimawandel „killt“ Weltwirtschaft

Verschiedene Studien betonen Notwendigkeit besserer Klimaschutzmaßnahmen

Dramatische Folgen für die Weltwirtschaft durch einen ungebremsten Klimawandel hat gestern eine umfassende Studie im Auftrag der britischen Regierung angekündigt. Wie Sir Nicholas Stern, der frühere Chefökonom der Weltbank vor der Royal Society in London bekannt gab, drohen bei einem weiteren Anstieg der Treibhausgasemissionen Verluste in ähnlicher Höhe wie bei den beiden Weltkriegen und dem Wall Street Crash 1929 sowie der folgenden Großen Depression.

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Der Leiter des britischen Wirtschaftsdiensts rechnet damit, dass große Teile der Erde unbewohnbar werden und Hunderte Millionen von Klimaflüchtlingen nach einer neuen Heimat suchen müssen. Schnelles Handeln dagegen würde sich auch wirtschaftlich lohnen. Denn die Kosten für effiziente Klimaschutzmaßnahmen liegen laut dem Bericht nur etwa bei einem Prozent des globalen Sozialprodukts – und damit deutlich unter den enormen Belastungen und Risiken durch den drohenden Klimawandel.

Der 700-Seiten umfassende „Stern Review“, der die Periode bis 2100 umfasst, kommt zu dem Ergebnis, dass die bisherigen Bemühungen um eine Verringerung der Treibhausgase nicht ausreichen. Er fordert daher klare internationale Rahmenbedingungen für den Klimaschutz auf der Grundlage der Klimarahmenkonvention und des Kyoto-Protokolls.

„Wir müssen jetzt handeln, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern“, sagte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel in einer ersten Stellungnahme. „Der Bericht bestätigt aus volkswirtschaftlicher Sicht: Der Klimawandel bedroht unsere wirtschaftliche Entwicklung. Wir müssen jetzt handeln – auf nationaler und internationaler Ebene. Die nächsten zehn bis 15 Jahre entscheiden darüber, ob wir die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels noch verhindern können oder sie unseren Kindern und Enkeln einfach zumuten.“

Klimaschutz senkt Kosten

„Wir müssen daher alles daransetzen, dass wir eine globale Erwärmung von 2° Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau verhindern. Je früher wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz ergriffen werden, desto geringer fallen die Kosten aus. Wir müssen noch viel deutlicher machen, dass wir sogar enorm davon profitieren werden, wenn wir unsere Gesellschaft klimaverträglicher und damit zukunftsfest gestalten. Aktiver Klimaschutz stärkt unsere Wirtschaftskraft, schafft Arbeitsplätze und bietet Unternehmen enorme zusätzliche Exportchancen. Wer auf klimafreundliche Energietechnologien, den effizienten Einsatz von Energie und auf erneuerbare Energien setzt, hat die Nase vorn.“, so Gabriel weiter.

UNFCCC: Wieder mehr Treibhausgasemissionen

Das Sekretariat der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UNFCCC) hat gestern ergänzend zum „Stern Review“ neue Daten vorgestellt, die auf eine steigende Tendenz der Emissionen der Industrieländer zwischen 2000 und 2004 hinweisen.

Zwar sind die Gesamtemissionen der Industrieländer laut dem UNFCCC-Bericht im Zeitraum zwischen 1990 und 2004 um 3,3 Prozent gesunken. Allerdings ist dies hauptsächlich auf eine Reduktion der Emissionen um 36,8 Prozent in den mittel- und osteuropäischen Ländern zurückzuführen. Die Treibhausgasemissionen in den restlichen Mitgliedsstaaten der Konvention sind dagegen um mehr als ein Zehntel gestiegen.

“Das Beunruhigende ist, dass die mittel- und osteuropäischen Länder bisher zwar zu einem großen Teil für die Reduktion der Gesamtemissionen der Industrieländer verantwortlich waren, diese Länder als Gruppe aber zwischen 2000 und 2004 eine Zunahme der Emissionen um 4,1 Prozent zu verzeichnen haben,“ sagte Yvo de Boer, Exekutivsekretär von UNFCCC, bei der Vorstellung des Berichts "Treibhausgase 2006".

Schwarzes Schaf Transportsektor

“Dies bedeutet, dass Industriestaaten ihre Anstrengungen zur Umsetzung effektiver Politischer Maßnahmen verstärken müssen, durch die Treibhausgase verringert werden können“, fügte er hinzu. Besonders im Transportsektor sind Emissionsverringerungen dringend notwendig, aber dies scheint ein besonders schwieriges Ziel zu sein. Laut UNFCCC sind die durch den Transportsektor verursachten Emissionen von 1990 bis 2004 um 23,9 Prozent gestiegen.

Laut dem Bericht liegen die Gesamtemissionen der Industrieländer, die Mitglieder des Kyoto-Protokolls sind, 15,3 Prozent unter dem Wert von 1990, während die Umsetzung in den einzelnen Ländern variiert. Das Kyoto-Protokoll verpflichtet gegenwärtig 35 Industriestaaten und die Europäische Gemeinschaft, die Treibhausgasemissionen im ersten Verpflichtungszeitraum zwischen 2008 und 2012 um durchschnittlich fünf Prozent unter das Niveau von 1990 zu senken.

Yvo de Boer betonte, dass die Mitglieder des Kyoto-Protokolls trotz des Emissionsanstiegs in einigen Ländern gute Chancen haben, ihre länderspezifischen Verpflichtungen zur Emissionsreduktion zu erreichen. Dafür müssen sie die geplanten zusätzlichen nationalen Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen schnell umsetzen und die marktgestützten flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls nutzen.

Clean Development Mechanism mit großer Bedeutung

Eine vielversprechende Möglichkeit zur Erreichung der Ziele des Kyoto-Protokolls ist die Anwendung des Clean Development Mechanism (CDM) (Mechanismus für eine saubere Entwicklung). Der CDM ermöglicht es Industrieländern, in nachhaltige Entwicklungsprojekte in Entwicklungsländern zu investieren, und auf diesem Weg handelbare Emissionsrechte zu erwerben.

Bis heute wurden ungefähr 375 CDM-Projekte registriert, die gemeinsam auf eine geschätzte Emissionsverringerung von mehr als 600 Millionen Tonnen kommen. Außerdem sind mehr als 900 CDM-Projekte in Vorbereitung, die nach Schätzungen des UNFCCC das Potential haben, bis 2012 globale Emissionen um circa 1,4 Billionen Tonnen zu senken. Dieser Wert entspricht ungefähr zwölf Prozent der Emissionen der industrialisierten Mitgliedsstaaten des Kyoto Protokolls im Jahre 1990.

(BMU, UNFCCC, Germanwatch, 31.10.2006 – DLO)

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