Biologie

3D-Blick auf molekularen „Spleißmaschine“

Erste Einblicke in die Struktur des Spleißosoms

Kartierte Untereinheit des Spleißosoms © MPI für biophysikalische Chemie

Um die genetische Information des Zellkerns in Proteine zu übersetzen, wird die RNA in menschlichen Zellkernen von einer komplexen molekularen Maschine, dem Spleißosom, präzise zugeschnitten. Jetzt ist es Wissenschaftlern gelungen, erstmals eine dreidimensionale Karte der größten Untereinheit des Spleißosoms zu bestimmen, wie sie in der Fachzeitschrift Molecular Cell berichten.

In menschlichen Zellen ist der genetische Bauplan von Proteinen in langen Desoxyribonukleinsäure (DNA)-Molekülen verschlüsselt. Um die Information für die Proteinherstellung nutzbar zu machen, müssen im Zellkern zunächst Ribonukleinsäure-(RNA)-Kopien der DNA erstellt werden. Diese RNA-Kopien können jedoch erst dann für die Proteinherstellung verwendet werden, wenn durch präzisen Zuschnitt einige nicht benötigte interne Bereiche – so genannte "Introns" – entfernt und die informationsrelevanten Bereiche – "Exons" – neu verbunden worden sind.

Falsches „Spleißen“ macht krank

Das Entfernen der Introns wird in Anlehnung an das Trennen und Verknüpfen von Seilenden in der Seefahrt als "Spleißen" bezeichnet. Komplexe Makromoleküle, die so genannten Spleißosomen, führen diese Aufgabe aus. Sie bestehen ihrerseits aus über 150 verschiedenen Proteinen sowie einigen RNA-Molekülen, die sich für jede Runde von Schnitt und Verknüpfung auf der RNA zusammenbauen müssen. Dazu werden im menschlichen Zellkern aus der Vielzahl dieser Einzelkomponenten zunächst eine Reihe vorgefertigter Komplexe (so genannnte snRNPs) bereitgestellt, die dann den Zusammenbau des vollständigen Spleißosoms in wenigen Schritten ermöglichen.

Spleißosomen wählen die zu verknüpfenden Exons gewebespezifisch aus und erhöhen somit dramatisch die Proteinvielfalt im menschlichen Körper. Die Bedeutung dieses Vorgangs erschließt sich aus zahlreichen, mit Fehlfunktionen des Spleißens assoziierten Erkrankungen, darunter viele bösartige Tumorkrankheiten, in denen die Präzision der Exon-Verknüpfung gestört ist.

Größte Untereinheit erstmals abgebildet

Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie in Göttingen ist es jetzt gelungen, die dreidimensionale (3D) Struktur der größten Untereinheit des Spleißosoms (des "U4/U6.U5 tri-snRNP") mit Hilfe eines hochauflösenden Elektronenmikroskops zu entschlüsseln und so dessen Aufbau in einer präzisen Karte darzustellen. Eine Schlüsselkomponente der korrekten Exonerkennung ist das im tri-snRNP vorkommende RNA-Mokekül "U5 snRNA", das nun einem kleinen zentralen Bereich des nur 30 Millionstel Millimeter großen tri-snRNP direkt zugeordnet werden konnte.

Interessanterweise ist der tri-snRNP wiederum aus zwei Untereinheiten, dem U4/U6 snRNP und dem U5 snRNP aufgebaut, die zusätzlich jeweils separat aus menschlichen Zellkernen gewonnen und in ihrer 3D Struktur untersucht werden konnten. Dabei konnte gezeigt werden, dass die molekularen Maschinen auch in Abwesenheit eines RNA-Substrates ständig in Bewegung sind und sich das U5 snRNA-Molekül in einem hochdynamischen Teil des tri-snRNP befindet. Dieser Teil wird beim Zusammenbau des tri-snRNPs aus seinen Komponenten von einer gekrümmten in eine längliche Form "verbogen", wodurch seine Beweglichkeit eingeschränkt, aber nicht vollständig aufgehoben wird. Zukünftige Studien sollen nun die strukturelle Grundlage der Exon-Erkennung näher untersuchen.

Eisgekühlt durchleuchtet

Bei der hier verwendeten Methode der 3D-Kryo-Elektronenmikroskopie werden die Makromoleküle vor den schädigenden Einflüssen des Elektronenstrahls geschützt, indem sie umgeben von Eis auf -180°C abgekühlt werden. Dann werden, ähnlich wie bei der medizischen Computertomographie, Projektionsbilder der Moleküle erstellt, aus denen anschließend mittels aufwendiger Rechenverfahren die Struktur bestimmt wird. Gemeinsam mit Kollegen konnten die Forscher die Molekülkomplexe aus Zellkulturen isolieren und erstmals für die 3D Kryo-Elektronenmikroskopie verfügbar machen. Hierbei waren in der Arbeitsgruppe entwickelte, neue Verfahren zur Probenaufbereitung und Strukturberechnung entscheidend, die eine Auflösung der tri-snRNP Struktur von 2 Millionstel Millimetern ermöglichten.

(Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, 23.10.2006 – NPO)

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