Die schneebedeckten Alpengipfel bilden ein beeindruckendes, charakteristisches Panorama – und doch ist das Gebirge heute nur ein Schatten seiner einstigen Größe. Schuld ist eine massive Erosion, ausgelöst durch einen plötzlichen Klimawandel. Dieser ließ das Mittelmeer schrumpfen und brachte warmes, feuchtes Klima im Alpenraum, wie Forscher jetzt in „Geology“ berichten.
Vor sechs Millionen Jahren hatten die Alpen den Höhepunkt ihres Wachstums erreicht. Knapp 100 bis 250 Kilometer breiter aus heute und 300 bis 1.500 Meter höher, ragten sie als Barriere zwischen Mittel- und Südeuropa auf. Typischerweise erreichen Gebirge im Laufe der Zeit eine Art Gleichgewicht zwischen der Erosion und den tektonischen Kräften, die sie in die Höhe drücken. Doch für die Alpen scheint dies zumindest vor knapp sechs Millionen Jahren nicht der Fall gewesen zu sein.
Mehr Erosion trotz tektonischer „Ruhe“
Ein Forscherteam unter Leitung des Geologen Sean Willett von der Universität von Washington hat die geologischen Strukturen der Alpen untersucht, darunter vor allem Verwerfungen am Südrand des Gebirges in Norditalien. Die Wissenschaftler entdeckten eine ganze Reihe von Hinweisen auf frühere tektonische Aktivität in dieser Region. Sogar unter der Großstadt Mailand verläuft eine heute inaktive Verwerfung. Für die Forscher ein klares Indiz dafür, dass die Alpen früher weitaus weiter nach Süden reichten. „Zu dieser Zeit lag das, was heute Mailand ist, inmitten der Vorgebirge der Alpen“, erklärt Willett. „aber die Alpen erlangten nie wieder die Ausdehnung, die sie am Ende des Miozäns hatten.“
Zu dieser Zeit, vor rund fünf Millionen Jahren, ließen die tektonischen Kräfte offenbar nach, die die Alpen immer höher hinaus drückten. Gleichzeitig aber verstärkte sich die Erosion – eine völlig unerwartete Entwicklung für die Wissenschaftler. Denn normalerweise nimmt auch die Erosion ab, wenn die Bewegungen im Untergrund nachlassen. Stattdessen fanden die Forscher Hinweise auf eine stark verstärkte Sedimentauswaschung aus der Bergregion. Aber woran lag dies?