Vor 55 Millionen Jahren gab es schon einmal eine globale Erwärmung, die mit einem starken Anstieg der Treibhausgase einherging. Isotopenanalysen von fossilen Pflanzenresten aus der Arktis enthüllen dramatische Änderungen bei Niederschlägen und im atmosphärischen Wassertransport, aber auch drastisch veränderte Salzgehalte in den Meeren. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Nature sehen die Wissenschaftler bedenkliche Parallelen zur heutigen Entwicklung.
{1l}
Eine arktische Bohrexpedition im Rahmen des Integrated Ocean Drilling Program (IODP) ermöglichte es Wissenschaftlern, im Jahr 2004 rund 55 Millionen Jahre alte Proben von biologischem und geologischem Material direkt zu untersuchen. Die Wissenschaftler analysierten Pflanzenreste aus der Ära des beginnenden so genannten thermalen Maximums am Übergang vom Paläozän zum Eozän. In dieser Phase stiegen die globalen Temperaturen in relativ kurzer Zeit deutlich an und lagen über den heutigen Werten. Das Klima war von den Subtropen bis in die Arktis nahezu gleichmäßig warm.
Vorzeitliche Warmzeit als Modell für Klimawandel
Mark Pagani, Professor Geologie und Geophysik an der Yale Universität und seine Mitforscher zeigen in ihrer Studie, dass Wasser und atmosphärischer Wasserdampf ein wichtiger Indikator für „Treibhaus-Veränderungen“ sind. Anstatt nur die Veränderungen im Meerwasser zu berücksichtigen, das durch viele Faktoren beeinflusst werden kann, maßen die Forscher Kohlenstoff– und Wasserstoffisotope in fossilen Pflanzen und rekonstruierten dadurch den Niederschlag und die Charakteristiken vorzeitlichen arktischen Wassers.
„Wir wissen alle, was passiert, wenn atmosphärische Fronten aus den Tropen kalte nördliche Fronten treffen – sie regnen sich aus, das Wasser verlässt die Atmosphäre“, erklärt Pagani. "Wenn das passiert wird das Verhältnis der Wasserstoffisotope negativ. Wir konnten das in den Pflanzenfossilien nachweisen.“
Arktis feuchter, gemäßigte Breiten trocken
Während der Warmzeit vor 55 Millionen Jahren fehlten diese starken gegensätzlichen Fronten, so dass große Mengen Wassers von den Tropen und Subtropen bis in arktische Breiten transportiert wurden. Dadurch stiegen Feuchtigkeit und Niederschläge in der Arktis drastisch an. Das wiederum erhöhte den Eintrag von Süßwasser aus den Flüssen ins Meer und verringerte den Salzgehalt des Meeres. Dadurch reduzierten sich auch seine Sauerstofflöslichkeit und das gesamte Pflanzenleben in der Region. Die gemäßigten Breiten waren gleichzeitig deutlich trockener, so das Szenario der Forscher.
„Analysen der Kohlenstoff- und Wasserstoffisotope in den gefundenen fossilen Pflanzen verrieten uns eine Menge darüber, wie Wasser in die Atmosphäre transportiert wird und welchen Effekt es auf das Klima hat“, erklärt der Hauptautor der Studie.“Die Isotopenspuren, die wir gemessen haben, deuten auf eine Änderung im Wasserkreislauf in großem Maßstab hin. Wir sind unzureichend ausgerüstet, um bei zukünftigen Änderungen unsere Wasserversorgung vorherzusagen.“
Treibhausgasanstieg doppelt so hoch wie erwartet
Matthew Huber, Assistenzprofessor für Geowissenschaften an der Purdue Universität und Mitautor der Studie, verglich die Ergebnisse der Isotopenanalysen mit komplexen Klimasimulationen, um die Effekte der Treibhausgase in der Warmzeit des Paleozän/Eozän-Übergangs zu untersuchen. Es zeigte sich übereinstimmend in den Expeditionsdaten wie im Modell, dass der Anstieg der Treibhausgase in dieser Warmzeit mindestens um das Zweifache höher war, als zuvor erwartet.
“Wir haben nun eine ziemlich gute Korrelation zwischen vergangenen Warmzeiten und höheren Kohlendioxidkonzentrationen“, erklärt Huber. „Das sagt uns, dass es nicht allzu schwer ist, das Klimasystem in einen Warmzustand zu bringen. Wenn man die Zahlen anschaut, ist das nahezu identisch mit dem, was wir für die nächsten hundert Jahre erwarten.“
„Ohne hysterisch sein zu wollen, es ist wichtig einzusehen, dass die Auswirkungen der globalen Erwärmung nicht nur heiße Sommer umfassen – es geht um Wasser als Ressource“, ergänzt der Forscher. „Es geht darum, wann und wo es regnet und wie viel wir zu trinken haben. Dies ist eine rote Warnflagge.“
(Yale University, 14.08.2006 – NPO)