Lungenkrebs gehört weltweit zu den häufigsten Tumorerkrankungen – und leider auch zu denen, die häufig Metastasen bilden. Wissenschaftler haben jetzt Gene identifiziert, die das Risiko einer Metastasenbildung beeinflussen. Dies eröffnet Chancen für effektivere Behandlungen.
Allein in Deutschland erkranken jedes Jahr über 42.000 Menschen an Lungenkrebs. Die Heilungserfolge dieser Krebserkrnakung sind trotz intensiver Forschung und Behandlung immer noch sehr schlecht. Obwohl die Aussichten bei frühzeitiger Behandlung deutlich steigen, kommt es bei einem Teil der Patienten trotz vollständiger operativer Entfernung des Tumors zu erneuten bösartigen Geschwülsten oder zu Fernmetastasen.
39 Gene identifiziert
Wissenschaftler des Universitätsklinikums Münster (UKM) untersuchten im Rahmen eines von der Wilhelm-Sander-Stiftung unterstützten Forschungsprojektes so genannte "Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinome", die eine besonders häufige Form des Lungenkrebses darstellen. Trotz kompletter Entfernung kommt es bei dieser Tumorart auch in frühen Stadien häufig zum Auftreten von Fernmetastasen.
Bislang war es nicht möglich, vorherzusagen, bei welchen Patienten dieses Risiko besteht und die daher nach erfolgreicher Operation noch einer weiteren Behandlung bedürfen.
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Die bisherigen Forschungsergebnisse der Wissenschaftler lassen erwarten, dass sich diese unbefriedigende Situation künftig nachhaltig verbessert. So gelang Müller-Tidow und Serve, die für ihre Arbeiten unter anderem mit dem Förderpreis der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie ausgezeichnet wurden, der Nachweis, dass insgesamt 39 Gene eng mit dem späteren Auftreten von Fernmetastasen korreliert sind.
Ziel: Gen-Chip
Ziel weiterer Forschungen ist es nun, anhand funktioneller Untersuchungen aufzuklären, wie und durch welche Mechanismen die identifizierten Gene die Fähigkeiten des Tumors zur Metastasenbildung erhöhen. Am Ende der Entwicklung soll der Genchip stehen. Mit dessen klinischer Einführung und breiten Anwendung würde die Diagnose Lungenkrebs zwar nichts von ihrem Schrecken verlieren, die Perspektive für eine Heilung dieser Tumorerkrankung aber womöglich deutlich besser.
So schwebt den münsterschen Wissenschaftlern Privatdozent Dr. Carsten Müller-Tidow und Prof. Dr. Hubert Serve vor, künftig die Patienten herauszufiltern, die aufgrund der genetischen Veränderungen der Tumorzellen ein erhöhtes Risiko für die Bildung von Tochtergeschwülsten haben. In diesem Fall ist im Anschluss an die Operation eine Chemotherapie sinnvoll, um das Auftreten der Metastasen zu verhindern. Auf der anderen Seite könnte denjenigen Patienten, die dieses Risiko nicht aufweisen, diese belastende Behandlung erspart bleiben.
Um eine solche gezielte Therapie von Lungenkrebs-Patienten zu erreichen, arbeiten die Forscher an der Entwicklung eines Genchips, der die gleichzeitige Analyse von bis zu 250 Genen ermöglicht. Mit Hilfe eines solchen Gen-Checks könnten dann schnell und zuverlässig das individuelle Risiko einer Metastasen- Bildung und die jeweiligen Heilungschancen vorhergesagt und auf dieser Grundlage für jeden einzelnen Patienten die optimale Therapiestrategie entwickelt werden.
(Wilhelm Sander-Stiftung, 08.08.2006 – NPO)