Geowissen

Bisonzahn als Klimazeiger

Isotopenzusammensetzung des Zahnschmelzes verrät Vegetations- und Klimaänderungen

Kiefer eines Bisons und dritter Molar © Kathryn Hoppe

Der fossile Zahn eines Bisons hat Forschern einen neuen Blick in die Vergangenheit der amerikanischen „Great Plains“ eröffnet. Sie entwickelten eine Methode, bei der anhand einer Isotopenanalyse des Zahnschmelzes Rückschlüsse über das Klima und die Vegetationsveränderungen in den Ebenen des Mittelwestens möglich werden.

Die fossilen Zähne bergen Hinweise in sich auf die Art der Vegetation, die zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer Region wuchs, erklärt Kathryn Hoppe, Professor für Erd- und Planetenwissenschaften an der Universität von Washington, in ihrer Veröffentlichung in der Zeitschrift „Geology“. Diese Erkenntnisse wiederum liefern Informationen über Klimafluktuationen in den Prärien. Bisons bevölkerten die Prärien Amerikas von Alaska bis Mexiko schon vor rund 200.000 Jahren. Nach der letzten Eiszeit waren sie sogar die dominierenden Pflanzenfresser in diesen Gebieten – und sind daher heute ideale Indikatoren für die Umweltbedingungen zu jener Zeit.

Grasnahrung als Klimaindiz

„Bisons fressen vorwiegend Gras, daher bieten sie eine gute Möglichkeit, um die Produktivität von Grasland zu messen“, so die Forscherin. „Ein Großteil des Farmlands in diesem Land war ursprünglich Grasland, wenn man also messen will, wie sich die Produktivität dieser landwirtschaftlichen Flächen im Laufe der Zeit verändert hat, erscheint der Bison als geeignetes Mittel.“

Bisons im Wind Cave National Park in South Dakota © Kathryn Hoppe

Hoppe und ihre Kollegen Adina Paytan und Page Chamberlain von der Stanford University nutzten für ihre Analysen die dritten Molare von fossilen Bisons. Diese werden erst gebildet, wenn die Bisonkälber nicht mehr bei der Mutter saugen, sondern bereits selber Gras fressen. Dadurch gibt ihre Zusammensetzung einen Hinweis darauf, welche Gräser die Tiere konsumierten. Die verwendeten Zähne stammten aus verschiedenen Bundesstaaten des alten Prärielandes, darunter Montana, Wyoming, North und South Dakota, Nebraska, Kansas und Oklahoma.

Kohlenstoff-Isotope im Zahnschmelz konserviert

Die Wissenschaftlerinnen pulverisierten den Schmelz von den Zahnoberflächen und lösten die Proben in Säure auf. Dabei wurden kleine Mengen Kohlendioxid freigesetzt, die sie mithilfe eines Massenspektrometers auf ihre Isotopenzusammensetzung hin untersuchten. Aus dem Verhältnis der Kohlenstoffisotope C12 zu C13 schlossen sie auf die Gräsersorten, die die Bisons zu Lebzeiten gefressen haben mussten, denn jede Art weist ein leicht unterschiedliches Isotopenverhältnis auf.

Die Ergebnisse geben jedoch nicht nur Aufschluss über die zu bestimmten Zeiten vorherrschenden Gräsersorten, sondern geben darüber hinaus auch Auskunft über die Klimaverhältnisse dieser Zeit. Einerseits über die bevorzugten Temperaturen der einzelnen Grassorten, andererseits aber auch über die ebenfalls im Zahnschmelz konservierten Veränderungen in den Kohlendioxidgehalten der damaligen Atmosphäre. Da Kohlendioxid ein wichtiges Treibhausgas ist, gibt auch dieser Wert Hinweise auf das Klima.

Gefahr der Verwüstung?

Das Klima der Great Plains wechselte mehrfach in der Vergangenheit. Bisher war jedoch nicht klar, wie sensibel diese eher durch Trockenheit geprägten Landschaften auf die gegenwärtige Klimaerwärmung reagieren und wie groß die Gefahr für eine Verwüstung sein könnte. „Wir wissen von Belegen über vergangene Klimabedingungen, dass wir zurzeit in einer Warmperiode leben und dass sich die Klimate dramatisch verändert haben“, erklärt Hoppe. „Es gab auch in der Vergangenheit Zeiten, in denen das Klima so trocken war, dass Nord-Nebraska eine Wüste mit Sanddünen war. Je besser wir verstehen, was sich in der Vergangenheit ereignete, desto besser können wir vorhersagen, was in der Zukunft passieren könnte.“

(University of Washington, 08.08.2006 – NPO)

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