Medizin

Körpereigenes Haschisch gegen Alzheimer?

Endocannabinoide zeigen Schutzwirkung für Gehirnzellen

Körpereigene, Haschisch-ähnliche Substanzen könnten das Gehirn vor Schäden durch Erkrankungen wie Alzheimer schützen. Die bei Stress, Hunger, Schmerzempfinden und Entzündungen gebildeten Endocannabinoide helfen dem Gehirn offenbar, Zellen zu schützen und zu reparieren. Das lassen neue Forschungsergebnisse vermuten, die jetzt auf dem Forum der Europäischen Neurowissenschaftler (FENS) in Wien vorgestellt wurden.

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In Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universitäten von Neapel, Catania und Cagliari entdeckte Vincenzo Di Marzo vom Institut für Biomolekulare Chemie des Italienischen Forschungsrats, dass Endocannabinoide im Gehirn in akuten Krankheitsfällen, zum Beispiel auch bei plötzlich auftretender Blutleere vorübergehend erhöht sind und auch Zellen vor dem Untergang schützen.

Allerdings können sie auch ihre Wirksamkeit verlieren, wenn sie entweder zu lange oder zu spät nach Auftreten einer Erkrankung im Organismus ausgeschüttet werden. Nach Ansicht der Forscher kommt es deshalb darauf an, diesen Schutzmechanismus zu entschlüsseln, um zu klären, wann es sinnvoll ist, die Ausschüttung von Endocannabinoiden zu stimulieren oder zu unterbinden.

Endocannabinoide schützen gegen Zellzerstörung

Die Forscher untersuchten deshalb die Wirkung von Endocannabinoiden auf hirngeschädigte Nagetiere. Es zeigte sich, dass eine früh nach der Erkrankung einsetzende Behandlung zur Erhöhung der Endocannobinoid-Spiegel die Nervenzellen möglicherweise vor der Zerstörung durch die gefürchteten Alzheimer-Plaques schützen könnte. Diese Ablagerungen des beta-Amyloid Proteins gelten als entscheidender Faktor für das Zugrundegehen der Gehirnzellen. Möglicherweise könnten Endocannabinoide durch den Schutz vor dieser Zellzerstörung auch vor Gedächtnisverlust bewahren.

Jetzt suchen die Forscher nach neuen Medikamenten auf der Basis von Endocannabinoiden, mit denen sich die Ausschüttung der körpereigenen Substanzen steuern lässt. Haschisch, so die Forscher, aktiviert die gleichen Signalwege wie die körpereigenen Endocannabinoide. Dies erkläre auch, weshalb Endocannabinoide, wenn sie in Tierversuchen zu medizinischen Zwecken eingesetzt werden, Entzündungen lindern und eine Schädigung von Nervenzellen bei neurologischen Erkrankungen in Grenzen halten können.

(Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften, 12.07.2006 – NPO)

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