Digitale Landkarten, dreidimensionale Geländedarstellungen und bunte Stadtpläne im Internet – die „Geographischen Informationssysteme“, kurz: GIS, bilden längst einen festen Bestandteil in unserem Alltag. Wissenschaftler haben jetzt eine Internet-Anwendung entwickelt, die nicht nur Daten im Internet sammelt und dem Nutzer bereit stellt, sondern die gesammelten Informationen so aufbereitet, dass der Nutzer eine passgenaue Auskunft auf seine Frage erhält.
"Unser neuer Webservice erhält eine Anfrage des Nutzers und grast andere Informationssysteme nach den gewünschten Daten ab", erklärt Professor Dr. Klaus Greve vom Geographischen Institut der Universität Bonn. Bisherige Kartographie-Systeme im Internet waren beschränkt auf die Bereitstellung und Visualisierung gespeicherter Informationen – der Anwender musste in verschiedenen Datenbanken nach den gewünschten Infos suchen und sich die erforderlichen Auskünfte aus verschiedenen Bestandteilen anschließend selbst zusammensetzen.
Der Wupperverband ist einer der ersten, der in diesem Kooperationsprojekt von der neuen Software profitiert, aber auch an ihrer Entwicklung beteiligt war. Im Zuge seines integralen Flussgebietsmanagements im Einzugsgebiet der Wupper setzt der Wupperverband bereits seit Jahren auf den Einsatz von GIS-Technologien. "Für uns sind Geoinformationssysteme aber nicht nur ein hervorragendes Werkzeug", erklärt der Vorstand des Wupperverbands Bernd Wille. "GIS ist vor allem ein strategisches Element im Zusammenhang mit Effizienz und dem interoperablen, transaktionalen Zugriff auf verteilte Datenquellen. Zudem ist GIS ein wesentliches Element des Wissens- und Informationsmanagements, mit dem komplexe Sachverhalte transparent dargestellt werden können."
GIS-Dienste als genormte „Familie“
Web Processing Service lautet der Name des neuen Systems. Es gehört zu einer inzwischen recht umfangreichen Familie von Diensten, die über das Internet raumbezogene Informationen austauschen und als Karten visualisieren. Das Besondere daran: Sie sind alle genormt und können daher reibungsfrei zusammenwirken. Auf diese Weise entsteht eine Kette von Diensten, die sehr komplexe Aufgaben bearbeiten und flexibel um weitere Bestandteile ergänzt werden kann.
Praktisch bedeuten die Ergebnisse der Kooperation für den Projektpartner Wupperverband eine enorme Geld- und Zeitersparnis, zum Beispiel bei der Suche nach von Maßnahmen betroffenen Anwohnern: Anhand einer Skizze des Projektes wendet sich der Webservice über das Internet an das Liegenschaftsinformationssystem und andere Geodienste und ermittelt, welche Grundstücke von den Maßnahmen betroffen sind. "Die passenden Flurstückskennzeichen bekommt der Nutzer dann fertig aufgelistet aus dem Drucker oder digital zur Weiterverwendung in anderen Anwendungen", erläutert Greve.
Wissenschaftler.
Zahlreiche Anwendungen
Zurzeit arbeitet bereits der Prototyp im Web, der allen interessierten Nutzern als "open source" Software bereitgestellt wird. In einigen Monaten soll dann der international standardisierte Geodienst online gehen. Neben den für den Anwendungsfall aus der Planungspraxis des Wupperverbandes entwickelten Möglichkeiten kann das Programm aber noch mehr:
"Ingenieurbüros können die Grundwasserempfindlichkeit gegenüber Belastungen heraus finden oder Bodenschichten analysieren lassen, wenn sie zum Beispiel eine Deponie errichten wollen", erläutert der Geograph. Aber auch Supermärkte können ihre Einzugsgebiete prüfen lassen und den Bau einer neuen Filiale nach der Kaufkraft eines Gebietes planen. Greve hat noch mehr Ideen: "Ich könnte zum Beispiel meinen Wanderurlaub ganz einfach nach meinen Vorstellungen gestalten, indem ich das System nach bestimmten Kriterien suchen lasse."
(Universität Bonn, 04.07.2006 – NPO)