Nanotechnologie

Nano-Chaos mit System

Oszillierende Muster bei der Kristallisation und Selbstorganisation von Nanopartikeln entdeckt

Ein typisches Belousov-Zhabotinsky-Muster aus konzentrischen Kreisen, beobachtet bei der polymerkontrollierten Kristallisation und Selbstorganisation von Bariumkarbonat. Die Strukturen ähneln dem im Computer simulierten Muster (kleiner Kreis oben rechts). Das verwendete Block-Copolymer ist im Bild als verkürzte Molekülstruktur dargestellt. © Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung

Erstmalig ist es gelungen, die Selbstorganisation von Nanopartikeln mit einer chemischen Musterbildung zu kombinieren. Dadurch lassen sich sowohl chemische Reaktionen als auch Musterbildungen in der Natur wie beispielsweise auf Muschelschalen besser erklären. In Zukunft könnten diese Erkenntnisse in der Nanotechnologie zu neuartig strukturierten Oberflächen führen.

Selbstorganisation und Musterbildung sind grundlegende Prozesse in biologischen Systemen und damit lebensnotwendig. Ein Beispiel für biologische Selbstorganisation sind die Muster auf Muschelschalen, die über kontrollierte Kristallisation entstehen. Potsdamer Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Kolloid- und Grenzflächenforschung ist es nun gelungen, solche eine Selbstorganisation mit chemischer Musterbildung zu kombinieren. Dafür koppelten die Wissenschaftler eine oszillierende chemische Reaktion mit der polymerkontrollierten Kristallisation und Selbstorganisation von Bariumkarbonat. Auf diese Weise konnten sie nachweisen, dass oszillierende Reaktionen wie die berühmte Belousov-Zhabotinsky-Reaktion auch in Mehrphasen-Systemen ablaufen.

Teil der Chaosforschung

Oszillierende chemische Reaktionen, bei denen sich die Reaktionsprodukte periodisch und wiederkehrend ändern, sind von besonderem Interesse für die Wissenschaft. Ihr Verhalten ist unter anderem für die Chaosforschung von Bedeutung, denn solche Reaktionssysteme sind immer komplex und weit entfernt vom thermodynamischen Gleichgewicht. Ein besonders bekanntes Beispiel ist die so genannte Belousov-Zhabotinsky-Reaktion. Hierbei werden die Reaktionsprodukte einer gekoppelten Redoxreaktion über den Farbumschlag eines Indikators sichtbar gemacht – in einer Petrischale lassen sich typische Muster sich ausbreitender konzentrischer Kreise beobachten.

Räumlich oszillierende Reaktionen lassen sich mathematisch gut als so genannte Reaktions-Diffusions-Systeme beschreiben. Dies bedeutet, dass nicht nur die chemischen Reaktionen die Stoffmengen an einem bestimmten Punkt des Raumes beeinflussen, sondern auch die Diffusion, also der Stoffaustausch mit dem Nachbarraum. Damit erhält man in Simulationsrechnungen die typischen konzentrischen Kreismuster einer Belousov-Zhabotinsky-Reaktion. Diese sind in der obigen Abbildung als rot-violettes Muster dargestellt.

Selbstorganisation von Nanopartikeln

Den Potsdamer Forschern gelang nun erstmals der Nachweis, dass diese oszillierenden Reaktionen auch für Mehrphasen-Systeme gelten können und darüber hinaus sogar für Selbstorganisationsprozesse von Nanopartikeln. Wesentlich ist, dass in einem mehrstufigen Reaktionssystem entweder ein autokatalytischer oder autoinhibierender Reaktionsschritt formuliert werden kann. Dies führt zum Aufbau des oszillierenden Systems und damit letztlich zu der beobachteten Musterbildung.

Mit einem neu hergestellten Polymer erzeugten die Potsdamer Forscher die typischen konzentrischen Kreismuster durch gesteuerte Kristallisation von Bariumkarbonat. Diese Muster stimmen sehr gut mit den durchgeführten Simulationsrechnungen überein. Des Weiteren gelang den Forschern ein komplexes gekoppeltes Reaktionssystem aus Kristallisations-, Komplexierungs- und Fällungsreaktionen aufzustellen und die autokatalytische Komplexbildung zwischen Barium und dem Polymer zu identifizieren. Bemerkenswert ist, dass die länglichen kristallinen Strukturen, aus denen sich die Kreismuster aufbauen, selbst wieder aus Überstrukturen von Nanopartikeln bestehen, die durch Selbstorganisation entstanden sind.

(Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung, 28.06.2006 – AHE)

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