Im Film “The Day after Tomorrow” erreichte die große Vereisung nach dem Ausfall des Golfstroms auch Asien: Über Tokio fielen gewaltige Eisbrocken vom Himmel und brachten Tod und Verderben. Doch eine neue, jetzt in der Fachzeitschrift „Geology“ veröffentlichte Studie zeigt, dass dieses Szenario extrem unwahrscheinlich ist. Im Gegensatz zu den Gebieten rund um den Nordatlantik würden sich die Temperaturen in Ostasien weitaus weniger stark verändern.
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Zur Prognose der möglichen Folgen eines Klimaumschwungs untersuchten Wissenschaftler der Universität von Newcastle in England, der Freien Universität Berlin und der japanischen Nagoya Universität die klimatischen Verhältnisse in der Zeitperiode vor 16.000 bis 10.000 Jahren. Ähnlich wie heute steigen zu dieser Zeit die Temperaturen zunächst langsam an. Dann allerdings, vor rund 12.000 Jahren, kam der Umschwung: Die globale Erwärmung und das Abschmelzen des Polareises brachte den warmen Golfstrom zum Erliegen. Ohne diese „Fernheizung“ überzog eine Kaltzeit, die rund 1.000 Jahre anhielt, weite Teile des Planeten.
Keine Eiszeit in Ostasien
Auch heute warnen einige Klimaforscher vor einem möglichen Abschwächen oder sogar Ausfallen der atlantischen Wärmepumpe, sollten die Temperaturen weiter steigen. Während allerdings im Film „The Day after Tomorrow“ ein gewaltiger Supersturm den gesamten Globus innerhalb weniger Tage in eine Eiszeit stürzte, haben nun Forscher anhand von Proben fossiler Pollen belegt, dass dieses Szenario auch in Zukunft wohl so nicht eintreten wird.
Die Proben aus dem Sediment des Suigetsu Sees in Japan ergaben, dass es vor 12.000 Jahren zwar auch in Japan einen Kälteeinbruch gegeben hat, dabei aber die Temperaturen gerade einmal um rund fünf Grad im Winter und drei Grad im Sommer sanken weniger als halb so stark wie in den Gebieten rund um den Nordatlantik. Offensichtlich reagierte Ostasiens Klima weitaus schwächer auf den Ausfall des Golfstroms.
Monsun als Schutzbarriere
Die Wissenschaftler sehen im asiatischen Monsun eine entscheidende Ursache dafür. Er wirkte damals offenbar wie eine riesige Klimabarriere und schirmte Japan und die anderen ostasiatischen Regionen vor der nordatlantischen Abkühlung ab. Nach Ansicht der Forscher könnte dieser Effekt auch bei einem zukünftigen Ausfall des Golfstroms wieder in ähnlicher form auftreten. Für Tokio beispielsweise hieße dies zwar mehr Schnee und etwas kältere Winter, aber keine dramatischen Kälteeinbrüche.
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„Die Forschungen deuten darauf hin, dass Asien nicht so schwer von der Destabilisierung des Golfstroms getroffen werden würde wie die Länder, die an den Nordatlantik grenzen“, erklärt Takeshi Nakagawa, Paläoklimatologe an der Universität von Newscastle. „Der Kühlungseffekt wird eher graduell als abrupt sein. Es wird auch Veränderungen in Ostasien geben, aber diese betreffen hauptsächlich den Winter. Wirtschaftlich gesehen heißt dies, dass die Landwirtschaft daher weitestgehend verschont bleibt.“
“Das bedeutet aber nicht, dass Asien sich jetzt entspannt zurücklehnen kann, das Leben genießen und keine Verantwortung für die globale Erwärmung übernehmen muss“, fährt der selbst aus Tokio stammende Nakagawa fort. „Die Ergebnisse geben uns einen weiteren Schlüssel zum Verständnis des Klimasystems als Ganzem, was bei den internationalen Klimaschutz-Bemühungen helfen könnte. Wir müssen alle darüber nachdenken, wie wir den zerstörerischen Einfluss der menschlichen Aktivität auf die Erde und vor allem den Klimawandel reduzieren können.“
(University of Newcastle upon Tyne, 21.06.2006 – NPO)