Nanotechnologie

Elektronenstrahl fängt Atome ein

Neue Methode erlaubt die atomgenaue Abbildung von Gittermolekülen

Dieses Bild zeigt die STEM-Aufnahme eines Gitterkristalls (Hintergrund), darauf ein Modell des Kristalls.. Die gelben Kreise im Zentrum jedes birnenförmigen Moleküls repräsentieren das Signale eines großen Atoms, die roten Flächen an der Spitze der Strukturen die Signale der kleineren Atome. Anhand dieser Signale können die Wissenschaftler erstmals die Ausrichtung der einzelnen Atome sehen und so die Kristalleigenschaften einschätzen. © Cornell University

Mithilfe einer neuen Elektronenmikroskopie- Technik ist es Wissenschaftlern erstmals gelungen, ein genaues Bild der Atome in einem Kristall zu erlangen. Das Besondere daran: Auch die kleineren, normalerweise immer verdeckten Atome lassen sich klar erkennen. Mit der jetzt in „Science“ veröffentlichte Methode ist es beispielsweise möglich, die Eigenschaften der in der Nanotechnologie eingesetzten Gitterkristalle an jedem Punkt der Molekülstruktur abzugreifen und zu bestimmen.

Wenn man ein gutes Bild eines Moleküls braucht, ist der erste Job, die Atome dazu zu bringen, für einen zu posieren. Und genau hier, so John Silcox, Professor an der Cornell Universität in Ithaca, New York und Experte für das Reich des Winzigkleinen, fangen die Probleme an. Denn Atome sind keine willigen Objekte. Sie wackeln heftig hin und her und bringen jeden Mikroskopierer zur Verzweiflung, der sie in einem stillen Moment einfangen will. Und höflich sind sie auch nicht gerade: Die größeren Atome verdecken die kleineren rücksichtslos und machen sie damit für den Beobachter unsichtbar.

Jetzt allerdings haben Forscher um K. Andre Mkhoyan, Silcox und Kollegen von Cornell und Philip Batson von IBM eine Technik entwickelt, die es erstmals erlaubt, einen extrem nahen Blick auf einzelnen Atome innerhalb von Kristallmolekülen zu werfen. Zum ersten Mal lässt sich mit dieser so genannten „STEM annulären Dunkelfeldabbildung“ auch die Polarität oder die physische Anordnung der Teilchen direkt beobachten und auch die kleineren Atome ohne Verdeckung sichtbar machen.

Elektronenstrahl fokussiert

Um diesen freien Blick zu erhalten, verwendete das Forscherteam ein Rasterelektronenmikroskop und untersuchte damit Proben von Aluminiumnitrid, Galliumnitrid und anderen für die Nanotechnologie bedeutenden Kristallen. Diese waren zuvor in eine speziell auspolsterte und abgeschirmte Probenkammer eingebracht worden waren, um alle akustischen und elektromagnetischen Wellen auszuschließen, die die Atome in Bewegung versetzen könnten.

Um den Strahl des Elektronenmikroskops stärker zu fokussieren, statteten die Wissenschaftler es mit einem speziellen Abberationskorrektor aus. Den dann nur noch 0,9 Angstrom weiten Strahl – ein Angstrom entspricht dem einhundert millionstel Teil eines Millimeters – richteten die Forscher auf die Kristallproben. Die auf die Atome der Probe prallenden und dadurch abgelenkten Elektronen werden bei diesem Verfahren von einem ringförmigen Detektor aufgefangen und in Form eines Bildes ausgewertet.

In einer Aluminiumnitridprobe zeigten sich auf diese Weise zum ersten Mal neben den größeren Aluminiumatomen im birnenförmigen Molekülverbund auch ganz deutlich die kleineren Stickstoffatome am unteren Ende. Schlüssel zu diesem Erfolg sei die Bündelung des Elektronenstrahls, so Silcox: „Wir sind bis auf Atomgröße runter. Wir beginnen die Anordnungen der leichten Atome zu sehen, wir können den Kristall sehr schön und präzise charakterisieren, an jeder Stelle der Struktur.“

Mithilfe der neuen Technik können Forscher in Zukunft die physikalischen Eigenschaften von Kristallen an jedem Punkt des Moleküls vorhersagen – ein Fortschritt, der besonders in der Lasertechnik und der Nanotechnologie Vorteile bringt, denn hier bestimmt die Struktur eines einzigen Moleküls unter Umständen das Verhalten eines ganzen Geräts.

„Die Erforschung und Anwendung solcher Gitterkristalle bilden den Kern der Nanotechnologie“, erklärt Mkhoyan. „Viele Veröffentlichungen sind der Synthese und Anwendung von Nanopartikeln – Nanodots, -röhrchen, – kabeln und anderem – basierend auf diesen Materialien gewidmet. Aber die Leistung dieser Anwendungen hängt im höchsten Grad von der strukturellen Qualität dieser Nanopartikel ab.“ Er ergänzt: „Mit unserem STEM Dunkelfeld-Verfahren kommen wir hier zu Hilfe und können reinzoomen, jede Region der Struktur abgreifen und uns anschauen, wie sie sich verhält.“

(Cornell University, 20.06.2006 – NPO)

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