Noch vor wenigen Jahrzehnten galt der Boden der Tiefsee als dunkel, kalt und leblos – bis amerikanische Wissenschaftler die geheimnisvolle Welt der Black Smoker entdeckten. Die skurrilen Felsentürme am Meeresboden stoßen schwarzes und bis zu 400° Celsius heißes Wasser aus. Trotz dieser Hitze hat sich rund um die unterseeischen "Schornsteine" eine ganz eigene Lebensgemeinschaft aus Bakterien, Krabben, Würmern und Muscheln entwickelt, die auch heute noch die Wissenschaftler vor große Rätsel stellt. Was genau ist das Geheimnis der Schwarzen Raucher und wie können die Tiere dort überleben?
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Black Smoker, auch Schwarze Raucher oder hydrothermale Schlote genannt, sind Quellen am Meeresboden, aus denen heißes, metallhaltiges Wasser austritt. Sie entstehen bevorzugt entlang der mittelozeanischen Rücken, wo sich durch aufsteigendes heißes Magma aus dem Erdinneren beständig neuer Meeresboden bildet. Typischerweise gruppieren sich die einzelnen Schlote zu Clustern, ähnlich wie es auch die Geysire des Yellowstone Parks tun. Die Black Smoker sind filigrane Gebilde, die ab einer bestimmten Höhe oft instabil werden und anschließend zusammenbrechen. So können sich Hügel aus „Schornsteinschutt“ bilden, die wie im TAG-Feld am Mittelatlantischen Rücken bis zu 50 Meter hoch mit einem Durchmesser von gut 180 Metern werden können.
„Mineralienaufzug“ in der Tiefe
Doch wie entstehen diese urtümlich wirkenden Felsenschlote? Durch feine Risse im Gestein versickert Meerwasser und trifft in der Tiefe auf Magma oder heißen Fels. Normalerweise würde das Wasser nun bei den Temperaturen von mehreren hundert Grad Celsius verdampfen, aufgrund des hohen Drucks bleibt es aber weiterhin flüssig. Dieses „überhitzte“ Wasser steigt nun wieder nach oben und löst dabei Metalle und Spurenelemente aus dem umliegenden Gestein.
Sobald das heiße, säurehaltige und salzige Wasser wieder den Grund des Ozeans erreicht, trifft es dort auf das nur einige Grad Celsius kalte, weniger salz-, aber sauerstoffhaltige Tiefenwasser des Meeres. Sehr schnell kühlt es auf wenige Grad Celsius ab. Dabei reagieren Kupfer, Zink und Eisenatome mit Schwefel zu einer Vielzahl von schwefligen Verbindungen, die das austretenden Wasser schwärzlich färben und so für das charakteristische Aussehen der Schlote verantwortlich sind. Dabei fallen auch die gelösten Mineralien und Metalle wieder aus und bilden so im Laufe der Zeit die hohlen, schornsteinähnlichen Schlote der Schwarzen Raucher. Erst unlängst haben Geologen aber auch so genannte "weiße Raucher" entdeckt, deren Heißwasserfontäne vor allem Barium, Kalzium und Silizium in das umgebende Meerwasser katapultieren.
Überraschende Lebensvielfalt am Meeresgrund
Wissenschaftler an Bord des Forschungstauchboots Alvin waren die ersten, die 1977 am Meeresgrund vor den Galapagos Inseln das seltsame Phänomen der Schwarzen Raucher entdeckten. Schon seit 1972 war zwar bekannt, dass an einigen Stellen des Meeresbodens heißes Wasser aus dem Untergrund austritt, gesehen hatte diese Unterwasserquellen jedoch bis dahin noch niemand. Entsprechend überrascht waren die ersten Beobachter: Statt kahler karger Vulkanschlote entdeckten sie ausgedehnte Kolonien seltsamer, bisher unbekannter Tierarten, umspült vom warmen, mineralhaltigen Wasser, das aus zahlreichen Öffnungen im hügeligen Meeresboden drang.
Denn verglichen mit den umgebenden Ozeanböden quellen die Schlotfelder geradezu über vor Leben und Aktivität. 10.000 bis 100.000 Mal dichter als in der restlichen Tiefsee ballen sich hier die Organismen zusammen. Am Beginn der Nahrungskette stehen Schwefel fressende Bakterien, welche die Energie der chemischen Substanzen im heißen Schlotwasser nutzen, um organische Kohlenstoffverbindungen wie Zucker und Eiweiße zusammenzubauen. Neben Bakterien, kleinen Krebsen und Muscheln ist vor allem der Riesenbartwurm Riftia der auffallendste Bewohner der Black Smoker. Bis zu drei Meter lang können die einzelnen Exemplare werden und sie wachsen mit bis zu zwei Millimetern pro Tag rekordverdächtig schnell. Häufig sind die Black Smoker von großen Kolonien dieser Würmer umgeben.
Doch ob mit dem menschlichen Auge sichtbar oder mikroskopisch klein, alle Lebewesen an den hydrothermalen Schloten haben eines gemeinsam – sie sind äußerst hitze- und säureunempfindlich. Noch ist nicht im Detail geklärt, wie es die Röhrenwürmer, Krebse und Muscheln schaffen, in Wassertemperaturen nahe dem Siedepunkt und in den extrem hohen Schwermetall- und Schwefelkonzentrationen zu überleben. Allerdings scheinen Symbiosen mit hitzeresistenten Bakterien eine wichtige Rolle zu spielen.
(GeoUnion; Redaktion g-o.de, 13.06.2006 – AHE)