Was geht in einem Schwarzen Loch und seiner Umgebung vor? Gibt es Gravitationswellen? Diese Fragen konnte bisher nur ansatzweise beantwortet werden. Jetzt haben Wissenschaftler durch die umfangreichsten jemals durchgeführten Berechnungen auf einem Supercomputer einen Durchbruch in der Modellierung der Gravitationswellen um ein Schwarzes Loch erzielt. Die neuen 3-D Simulationen bilden auch die Grundlage für weitere Einblicke in die Phänomene des Universums.
Gewaltigste Ereignisse des Weltalls
Nach den theoretischen Überlegungen von Albert Einstein erzeugt die Vereinigung von zwei Schwarzen Löchern gewaltige, lichtschnelle Gravitationswellen, die den Weltraum erbeben lassen wie eine Schüssel Wackelpudding. „Diese Verschmelzungen sind mit Abstand die stärksten Ereignisse, die sich im Universum ereignen, jedes erzeugt mehr Energie als alle Sterne des Alls zusammengenommen“, erklärt Joan Centrella, Leiter des Labors für Gravitations-Astrophysik am Goddard Space Flight Center der NASA im kalifornischen Greenbelt.
Solche Gravitationswellen, Störungen im Raum-Zeit-Gefüge sind zwar theoretisch postuliert, wurden aber bisher noch nie direkt nachgewiesen. Sie interagieren kaum mit Materie und durchdringen Gas und Staub des Weltraums mit Leichtigkeit. Mehrere Observatorien, darunter die geplante Laser Interferometer Weltraumantenne von NASA und ESA hoffen, zukünftig diese Wellen messen zu können. Bis dahin aber bleibt den Forschern nur die Simulation.
Komplexität übersteigt Rechnerkraft
Die große Schwierigkeit bei der Erstellung von Modellen Schwarzer Löcher und ihres Verhaltens liegt in deren Außerordentlichkeit: Raum und Zeit verschieben sich, die Dichte wird unendlich und die Zeit kann stehenbleiben. Nichts, nicht einmal das Licht entkommt ihrem Sog. Verschmelzen zwei solche „Singularitäten“ entstehen Schwerkraftwellen unterschiedlicher Stärke und Wellenlänge, je nach dem, welche Massen beteiligt sind.
Alle bisherigen Verusche, Einsteins theoretisches Postulat von Gravitationswellen durch Berechnungen und Computermodelle nachzuvollziehen, scheiterten an der Komplexität der Rechenoperationen – die Computer gaben reihenweise ihren Geist auf. Einsteins Theorie der allgmeinen Relativität beruht auf dem so genannten Tensor Kalkulus, Gleichungen, die nicht ohne weiteres vom Computer berechnet werden können. Schon die einfachsten Gleichungen erfordern tausende von Zeilen Computercode.
„Übersetzung“ der Gleichungen gelungen
Jetzt haben die Wissenschaftler der NASA jedoch eine Methode gefunden, die Mathematik des genialen Physikers so zu „übersetzen“, dass die Computer sie „verstehen“ und vor allem berechnen können. Die daraus resultierenden Simulationen von Schwarzen Löchern und ihren Verschmelzungen wurden am Columbia-Supercomputer des Ames Forschungszentrum der NASA durchgeführt. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe der Physical Review Letters erschienen.
Die Simulationen zeigen miteinander verschmelzende Schwarzen Löchern gleicher Massen vom Zeitpunkt zwei bis fünf Umkreisungen vor ihrer endgültigen Vereinigung. Trotz wechselnder Ausgangspositionen der Schwarzen Löcher produzierte jede Simulation stabile Orbits und vor allem identische Graviationswellen während und nach der Kollision. Diese Kombination von Stabilität und Reproduzierbarkeit überzeugte die Forscher, dass ihre Simulationen Einsteins Gleichungen korrekt wiedergeben. Als nächsten Schritt arbeitet das Forscherteam jetzt an Simulationen der Kollision von zwei Schwarzen Löchern mit unterschiedlichen Massen.
(NASA, 21.04.2006 – NPO)