Braune Zwerge sind für Sterne zu massearm und für Planeten zu massereich: Sie nehmen zwischen beiden Kategorien eine Zwischenstellung ein. Bei Beobachtungen mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile haben Astronomen einen neuen Braunen Zwerg entdeckt, der nur 12.7 Lichtjahre von der Erde entfernt einen sehr massearmen Stern umläuft. Er ist sehr kühl: die Temperatur an seiner Oberfläche beträgt "nur" 750 Grad Celsius und er wird deshalb von den Forschern auch als Methanzwerg bezeichnet.
Der mit SCR 1845-6357B bezeichnete Braune Zwerg steht, so die Wissenschaftler um Beth Biller, Markus Kasper und Laird Close, unter den bisher Bekannten der Erde am zweitnächsten. Er umläuft seinen stellaren Begleiter in einer Entfernung von 4.5 Astronomischen Einheiten (die Erde ist von der Sonne eine Astronomische Einheit (AE), der Jupiter fünf AE entfernt). Seine Masse beträgt zwischen neun und 65 Jupitermassen.
Seit der Entdeckung des ersten Braunen Zwergs vor elf Jahren sind heute einige Hundert dieser Objekte bekannt, deren Studium für das Verständnis der Entstehung und Entwicklung sowohl der Sterne als auch der Planeten von großer Bedeutung ist.
Um den neuen Braunen Zwerg abzubilden, verwendeten die Astronomen den neuen „NACO Simultaneous Differential Imager“ (NACO SDI) am VLT. Dieses Instrument war von Laird Close und Rainer Lenzen am Max-Planck-Institut für Astronomie speziell für die Suche nach extrasolaren Planeten entwickelt und gebaut worden. Mit Hilfe der SDI-Kamera wird die Fähigkeit des VLT und seiner adaptiven Optik verstärkt, schwache Objekte nachzuweisen, deren Bild sonst im gleißenden Licht ihrer hellen Begleiter untergehen würde. Insbesondere liefert SDI zusätzliche spektrale Informationen, mit deren Hilfe sich die Temperatur dieser schwachen Objekte ohne weiteres abschätzen lässt.
Nah, kühl und hell
Der neu entdeckte Braune Zwerg ist aus Sicht der Forscher in mancher Hinsicht einzigartig: Er steht der Erde besonders nahe, er ist besonders kühl – ein so genannter T-Zwerg oder auch Methanzwerg -, und er ist als einziger seiner Art Begleiter eines massearmen Sternes, den er auf einer besonders engen Bahn umläuft. Kein Objekt seiner Temperatur erscheint uns so hell – weil so nahe.
„Das Objekt ist auch deshalb so wertvoll für die Forschung, weil seine Entfernung recht genau bekannt ist, so dass seine Leuchtkraft genau bestimmt werden kann; und seine Masse wird sich in Zukunft aus seiner Bahnbewegung um seinen stellaren Begleiter ableiten lassen. Diese Eigenschaften sind wesentlich für unser Verständnis des inneren Aufbaus der Braunen Zwerge.“, bemerkt Markus Kasper.
Aufgrund der Entdeckung dieses Objekts vermuten die Astronomen, dass es, zumindest in der Umgebung der Sonne, mehr kühle Braune Zwerge in Doppelsystemen – die also gravitativ an einen anderen Stern oder Braunen Zwerg gebunden sind – gibt, als isolierte kühle Braune Zwerge. Bis zu einer Entfernung von 20 Lichtjahren von der Sonne sind bereits fünf kühle Braune Zwerge in Doppelsystemen bekannt, und nur zwei einzelne, isolierte Objekte dieser Art.
Dieses Überwiegen der Objekte in Doppelsystemen ist von Bedeutung für unser theoretisches Verständnis der Entstehung Brauner Zwerge, demzufolge vorwiegend Einzelobjekte entstehen sollten.
(Max-Planck-Institut für Astronomie, 23.03.2006 – DLO)