Umwelt

„Echte Flüsse“ sterben aus

WWF-Studie befürchtet weiteren Rückgang natürlicher Flusssysteme

Weltweit sind nur noch ein Drittel der 177 großen Flüsse mit einer Länge von mehr als 1.000 Kilometer Länge frei von Dämmen, Staustufen und Sperrwerken. Dies belegt eine aktuelle Studie des WWF. Demzufolge fließen nur noch 21 Flüsse und 43 Nebenflüsse uneingeschränkt von der Quelle bis zur Mündung. Der WWF befürchtet, dass durch die Nutzung der Flüsse als Energielieferant und Transportweg schon bis zum Jahr 2020 fast alle dieser letzten „echten“ Flüsse verbaut sein könnten.

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Die meisten der letzten frei fließenden Flüsse fand der WWF in Asien wie beispielsweise Brahmaputra, Irawadi oder Salwin, gefolgt von Süd- und Nordamerika mit dem Amazonas Orinoco und Mackenzie. In Europa westlich des Uralgebirges hingegen genügt einzig die Petschora in Russland den Kriterien der aktuellen WWF-Studie. „Langfristig werden die Flüsse auf der ganzen Welt zu bloßen Transportwegen und Energielieferanten degradiert“, erläutert Georg Rast vom WWF die Folgen der globalen Flusspolitik. Demnach könne kaum ein Fluss noch seine natürlichen Funktionen als Lebensraum für eine Vielzahl verschiedener Arten, als Trinkwasserquelle für Menschen und Tiere oder als Lieferant für Speisefische erfüllen.

Hochwasser und Nahrungsknappheit

Negative Folgen sind nach Ansicht von Rast nicht nur das Aussterben bedrohter Arten wie die Riesenwelse im Amazonas- und Mekong-Becken oder die Flussdelfine im Ganges, sondern auch die Zerstörung der Nahrungsbasis für viele Menschen. Zudem steige mit dem Grad der Verbauung und der Begradigungen die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Flüsse in starken Hochwassern entladen. „Die Jahrhunderthochwasser an der Elbe in 2002 und am Mississippi während des Hurrikans Katrina waren laute Warnschüsse, dass wir den natürlichen Verlauf der Flüsse so wenig wie möglich stören sollten“, warnt Rast. „Wenn in Kürze das Tauwetter in Deutschland großflächig einsetzt, laufen wir Gefahr, dass wir wieder ein schlimmes Hochwasser erleben.“

So sieht es denn für die Flüsse in Deutschland nach Einschätzung von Rast auch besonders düster aus: Von den vier großen Flüssen Rhein, Donau, Elbe und Oder weisen zwar drei noch längere freie Fließstrecken auf, doch sind sie alle durchgängig durch Uferbefestigungen und Hochwasserdeiche erheblich beeinträchtigt. Nur mit viel gutem Willen erteilt Rast der Elbe und der Oder aufgrund ihrer großen naturnahen Auenlandschaften halbwegs befriedigende Noten. Die Oder biete zudem mit ihrem uneingeschränkten Zugang zur Ostsee noch das beste Potenzial zur erfolgreichen Wiederansiedlung der Störe. „An der bayrischen Donau droht die Gefahr, dass selbst die letzten freien 70 Kilometer durch eine neue Staustufe und Ausbaggerungen verloren gehen“, warnt Georg Rast.

(WWF Deutschland, 14.03.2006 – AHE)

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