Neurobiologie

Vernetzte Gene steuern Nervenbildung

Nervenzellbildung bei Erwachsenen durch Netzwerk von Stammzellgenen reguliert

Komplexe Vorgänge wie die Nervenzellentwicklung werden nicht durch einzelne Gene bestimmt sondern durch Netzwerke von Genen. Wie aber sehen solche Netzwerke aus? Erste Einblicke in das komplizierte Regelnetzwerk haben jetzt Neurowissenschaftler gewonnen.

Erst vor kurzem hat die Wissenschaft die lange gehegte Vorstellung umgestoßen, wonach sich in einem erwachsenen Organismus keine neuen Nervenzellen mehr bilden. Jetzt wollen die Forscher wissen, wie diese „Neurogenese“ gesteuert wird. Ziel ist es, dieses Wissen für die Entwicklung neuartiger Therapien neurodegenerativer Erkrankungen zu nutzen und das Verständnis vom Zusammenspiel von Struktur und Funktion im Gehirn zu verbessern.

Neurowissenschaftler um Dr. Gerd Kempermann vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch und der Charité -Universitätsmedizin Berlin zählten dazu die neugebildeten Nervenzellen im Gehirn von 52 verschiedenen Mausstämmen und setzten diese Information in Beziehung zur Expression von über 12.000 Genen in den Gehirnen dieser Mäuse. So identifizierten sie zwölf Gene, die wahrscheinlich Schlüsselpositionen in den regulatorischen Netzwerken innehaben, da sie ihre eigene Expression kontrollieren.

Zwei dieser Gene waren bekannte Stammzellgene, für sechs ließ sich ein plausibler Bezug zur Neurogenese herstellen, die Übrigen waren neu. Die Arbeit von Dr. Kempermann, Prof. Robert W. Williams (University of Tennessee, Memphis, Tennessee, USA) und Prof. Fred H. Gage (Salk Institute, La Jolla, Kalifornien, USA) ist in der online Ausgabe der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) am 9. Januar 2006 erschienen. Die Ergebnisse zeigen nach Ansicht der Forscher, dass bei komplexen biologischen Vorgängen die Erforschung von Gen-Netzwerken hilfreicher sein kann, als die Analyse einzelner Kandidatengene.

Für ihre Arbeit hatten die Forscher die Neurogenesedaten der 52 Mausstämme zunächst mit Hilfe so genannter Kopplungsanalysen untersucht. Mit diesem genetischen Verfahren fahnden Genforscher sonst zum Beispiel nach Krankheitsgenen beim Menschen. Die Neurowissenschaftler suchten mit dieser Technik nach Genen, welche während der Neubildung von Neuronen aktiv sind. Sie benutzten Genexpressiondaten aus den gleichen 52 Mausstämmen und ließen Computerprogramme die Genexpression mit den Neurogenesedaten vergleichen.

Je höher die Übereinstimmung der Muster war, desto wahrscheinlicher war es, dass es sich um ein Kandidatengen handelte. Dabei engten sie die Suche weiter ein, indem sie davon nur die Gene unter die Lupe nahmen, die ihre eigene Aktivität kontrollieren. Sie fanden dabei 190 Kandidatengene, von denen sie 12 als Hauptregulatoren identifizierten.

(Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), 09.01.2006 – NPO)

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