Nach mehrjähriger Entwicklungsarbeit, an der sich Wissenschaftler der Theoretischen Physik der Universität Bielefeld beteiligt haben, ist es nun soweit: mit dem apeNEXT ist eine neue Generation von Supercomputern fertig. Der Rechner wurde speziell dazu konstruiert, die Kräfte zwischen Quarks, den elementaren Bausteinen aller Materie, genau zu untersuchen.
Den größten Rechner dieser Art in Deutschland wird jetzt die Bielefelder Theoretische Physik erhalten. Die Bielefelder Wissenschaftler interessieren sich insbesondere dafür, was passiert, wenn man Quarks sehr hoch erhitzt oder sehr stark zusammenpresst. Bisherige Untersuchungen u.a. auf den APE-Rechnern der zweiten und dritten Generation haben bereits ergeben, dass sich die Quarks dann ganz anders verhalten als in unserer normalen (Alltags-) Welt.
Die Temperatur, bei der solche Veränderungen eintreten, ist allerdings mit etwa eine Billion Grad extrem hoch. Eine so hohe Temperatur hat es in der Frühgeschichte unseres Universums gegeben, Bruchteile von Sekunden nach dem Urknall. Obwohl diese Temperatur nur vor circa 15 Milliarden Jahren bestand, wurden schon in dieser Zeit die Grundsteine für die Entwicklung des Universums bis hin zu seinem heutigen Zustand gelegt.
Wegen der Bedeutung, die die „Quarksuppe“, das Quark-Gluon-Plasma, am Anfang der Geschichte des Universums hatte, wird heute an großen Teilchen-Beschleunigern am CERN in Genf und im Brookhaven National Laboratory (BNL) auf Long Island, USA, versucht, diesen Zustand für kurze Zeit auf kleinem Raum erneut herzustellen, um die Bedingungen „am Anfang der Welt“ experimentell zu untersuchen. In enger Zusammenarbeit mit Forschern am BNL soll auf dem neuen Computer nun die Ursuppe mit bisher unerreichter Präzision per Computersimulation untersucht werden.
3.072 Computer rechnen
Der neue Rechner bildet die vierte Generation der APE-Rechner, die in Bielefeld schon seit 1993 betrieben werden. Im Gegensatz zu seinen Vorläufern, die in Italien konstruiert wurden, ist apeNEXT erstmals unter Beteiligung von Forschergruppen in Italien, Deutschland und Frankreich entwickelt worden.
Da die Simulation von Quarks bei derart extremen Bedingungen auch extrem großen Rechenaufwand erfordert, ist der neue Parallelrechner in erster Linie zum schnellen Rechnen konstruiert worden. In seiner vorläufig endgültigen Ausbaustufe, die im März 2006 fertiggestellt sein wird, umfasst er 3072 Computer, die rechnen, also die wesentliche Arbeit tun, sowie 33 PCs mit unterschiedlichen Verwaltungsaufgaben.
Mit der Lieferung des ersten Bausteins an die Universität Bielefeld hat nun die Installation des Supercomputers begonnen, der Rechnungen mit einer Geschwindigkeit von bis zu fünf Billionen (eine fünf mit zwölf Nullen) Additionen oder Multiplikationen pro Sekunde (fünf TFlops) durchführen kann. Damit wird die in Bielefeld zur Verfügung stehende Rechenkapazität um einen Faktor 50 erhöht.
(idw – Universität Bielefeld, 22.12.2005 – DLO)