Weltweit zum ersten Mal haben Forscher ein so genanntes „Quantenbyte (Qubyte)“ realisiert. In diesem Zustand sind acht Ionen kontrolliert miteinander verschränkt. Die Erzeugung eines „Quantenbytes“ gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zum Quantencomputer. Der Bericht darüber wurde jetzt in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
In enger Zusammenarbeit mit ihren Kollegen Otfried Gühne und Wolfgang Dür haben die Wissenschaftler um Rainer Blatt und Hartmut Häffner von der Universität Innsbruck gezeigt, dass sie vier, fünf, sechs, sieben oder acht Ionen auf kontrollierte Art und Weise verschränken können. Die Kalzium-Ionen werden dazu mit elektromagnetischen Feldern in einer Ionenfalle eingefangen, in einer Reihe nebeneinander angeordnet und mit ausgeklügelter Lasertechnologie in so genannten W-Zuständen verschränkt.
„Dass wir dieses Ziel als erste erreicht haben, ist eine Bestätigung für die erfolgreiche Arbeit der Innsbrucker Quantenphysik“, freut sich Prof. Rainer Blatt. „Für unsere Forschung ist allerdings entscheidend, dass wir mit diesem Experiment nun ein Werkzeug zur Hand haben, mit dem wir die Prozesse der Quanteninformationsverarbeitung sehr genau studieren können“, so Blatt weiter.
Messung extrem aufwändig
Die eigentliche Schwierigkeit in dem Experiment war der Nachweis, dass die Teilchen tatsächlich miteinander verschränkt sind. Es mussten rund 650.000 Messungen durchgeführt werden, um die acht „Quantenbits (Qubits)“ durch Zahlen beschreiben zu können. Allein dieser Messprozess nahm über zehn Stunden in Anspruch. Die Berechnung der Zahlen und deren Umsetzung in eine grafische Darstellung auf einem Hochleistungscomputer der Universität dauerte gleich mehrere Wochen. Dies deutet bereits die hohe Überlegenheit der Quanteninformationsverarbeitung gegenüber herkömmlichen Computern an.
„Was mit den acht Qubits in etwa einer Millisekunde passiert, kann mit einem normalen Rechner nur in vielen Stunden berechnet und charakterisiert werden“, erklärt Prof. Blatt. Das erfolgreiche Experiment beweist auch: Ionenfallen, wie sie in Innsbruck verwendet werden, stellen die derzeit vielversprechendste Technologie für die Umsetzung größerer Rechenräume dar. Im Fall der acht Ionen besteht dieser Rechenraum aus 65.536 zum Großteil unabhängigen Elementen.
Quantenhochburg Innsbruck
Der Gruppe um Prof. Rainer Blatt ist bereits im letzten Jahr die erste Teleportation mit Atomen gelungen. Das aktuelle Experiment unterstreicht einmal mehr die führende Stellung der Innsbrucker Quantenphysik, die sowohl national als auch international hohes Ansehen genießt. Mit der engen Kooperation von Theoretikern und Experimentalphysikern und der großen Dichte an hochqualifizierten Forschern um die Professoren Rainer Blatt, Hans J. Briegel, Rudolf Grimm und Peter Zoller hat sich in Innsbruck in den letzten Jahren eine Hochburg der Quantenphysik herausgebildet.
Entscheidenden Beitrag dazu leisten die Österreichische Akademie der Wissenschaften mit dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI), der Österrei-chische Wissenschaftsfonds mit einem österreichweiten Spezialforschungsbereich und die Europäische Union sowie Land Tirol, Stadt Innsbruck und die Tiroler Industrie. Der neuerliche Erfolg der Innsbrucker Quan-tenphysiker bahnt den Weg für ein noch besseres Verständnis zukünftiger Quantencomputer und bietet den Physikern erstmals die Möglichkeit für ausführliche Analysen der Verschränkung von mehreren Teilchen.
(Universität Innsbruck, 01.12.2005 – NPO)