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Chemie

Gemeinsam einsam

Erstmals Molekül mit drei Einzelelektronen isoliert

Elektronen in Molekülen existieren normalerweise paarweise, was letztendlich zur chemischen Bindung und damit zum Zusammenhalt von Atomen in Molekülen führt. Einen neuen Typ von Molekülen mit drei „ungepaarten“ Elektronen haben jetzt erstmals Bochumer Chemiker aufgespürt und untersucht. Die Forscher isolierten ein Benzolmolekül, dem drei Wasserstoffatome entfernt wurden. Ein solches so genanntes Triradikal war bisher zwar theoretisch vorhergesagt, aber nie experimentell untersucht worden.

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Im Experiment zeigte sich nach Angaben der Forscher um Sugumar Venkataramani, Michael Winkler und Professor Wolfram Sander vom Institut für Organische Chemie der Ruhr-Universität Bochum (RUB) sogar, dass die theoretischen Vorhersagen über seine Eigenschaften zumindest teilweise falsch waren. Über die Ergebnisse berichten die Forscher im Magazin „Angewandte Chemie“.

Einzelne Elektronen: Besonders reaktive Moleküle

„‚Einsame‘ oder ‚ungepaarte‘ Elektronen, beispielsweise in Molekülen mit einer ungerade Zahl an Elektronen, führen zu meist hochreaktiven Molekülen mit ungewöhnlichen chemischen Eigenschaften, den Radikalen“, erläutert Sander. Dass diese Radikale auch noch „magnetisch“ sind, macht sie umso interessanter.

Einige Moleküle mit geraden Elektronenzahlen enthalten ebenfalls ungepaarte Elektronen, es handelt sich dann um so genannte Diradikale. Bei diesen Molekülen erzwingt die besondere Anordnung der Atome, dass zwei „einsame“ Elektronen keine Verbindung eingehen können.

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Extreme Kälte erlaubt neues Triradikal zu isolieren

Der Bochumer Arbeitsgruppe ist es jetzt gelungen, ein kleines organisches Molekül mit gleich drei ungepaarten Elektronen, ein Triradikal, zu isolieren. Es handelt sich um ein Benzolmolekül, bei dem drei Wasserstoffatome entfernt wurden. Die Eigenschaften dieses Moleküls waren bereits im letzten Jahr von einer amerikanischen Arbeitsgruppe vorhergesagt worden, aber erst jetzt konnte es auch tatsächlich hergestellt und isoliert werden. „Dazu sind allerdings extrem tiefe Temperaturen von -270 Grad notwendig – das sind nur drei Grad über dem absoluten Nullpunkt von -273 Grad“, so Prof. Sander. Die Wechselwirkungen zwischen den drei ungepaarten Elektronen führen zu einer sehr komplizierten elektronischen Struktur, die sich auch mit den modernen Methoden der Computerchemie nur schwer verstehen lässt. So ist eines der Ergebnisse der Experimente, dass die bisherigen theoretischen Vorhersagen falsch waren.

Modell zum Verständnis und Vorlage zum Design neuer Materialien

Moleküle wie das hier vorgestellte mit vielen ungepaarten Elektronen dienen dazu, das Phänomen der chemischen Bindung besser zu verstehen und theoretische Modelle zu verbessern. Sie stellen sowohl für die experimentelle Chemie als auch für die Theorie eine besondere Herausforderung dar. Sie sind schwer fassbar, können aber bei Verbrennungsprozessen und bei der photochemischen Spaltung von Molekülen eine entscheidende Rolle spielen. Und sie dienen als Vorlage zum Design von organischen magnetischen Materialien, nach denen in vielen Laboratorien weltweit intensiv geforscht wird. Für solche nichtmetallische Magnete, die leicht und gut verformbar sind, gäbe es zahlreiche industrielle Anwendungen.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 06.10.2005 – DLO)

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