Die Zahl der neu erkannten HIV-Infektionen in Deutschland ist im ersten Halbjahr 2005 weiter angestiegen und liegt mit 1.164 um 20 Prozent höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Dies hat eine Auswertung der HIV-Erstdiagnosen, die durch die Untersuchungslaboratorien an das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin gemeldet werden ergeben.
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Nach den neuesten Ergebnissen sind Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten mit nahezu 60 Prozent der neu diagnostizierten HIV-Infektionen nach wie vor die größte Betroffenengruppe. Das Risiko, sich mit HIV zu infizieren, ist für Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten in Deutschland aktuell so groß wie nie in den letzten zwölf Jahren, nämlich fast doppelt so hoch wie noch vor vier Jahren.
„Die Entwicklung bei diesen vermeidbaren Infektionen gibt Anlass zur Sorge. Weitere Anstrengungen sind nötig, um aufzuklären und zu vermitteln, dass es auch bei verbesserter Therapie keine Heilung der Erkrankung gibt“, sagte Reinhard Kurth, Präsident des Robert Koch-Instituts.
Am größten ist das Risiko in Großstädten wie Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt. Die höchsten Raten neu diagnostizierter HIV- Infektionen werden in der Altersgruppe der 25- bis 45-jährigen Männer beobachtet.
Viel mehr Männer als Frauen betroffen
Betrachtet man nur die vorwiegend in Deutschland beziehungsweise von Personen deutscher Herkunft erworbenen Infektionen, so ist das Risiko einer HIV-Infektion für Männer circa 7,5 mal größer als für Frauen.
Letztere infizieren sich, so das RKI, am häufigsten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. Das wichtigste HIV-Infektionsrisiko für Frauen in Deutschland sind heterosexuelle Kontakte mit Partnern aus anderen Hauptbetroffenengruppen (Herkunft aus einem Land mit hoher HIV-Prävalenz, Drogensüchtige, Männer mit gleichgeschlechtlichen Sexualkontakten).
Das wieder wachsende Risiko, sich mit HIV zu infizieren, geht nach Angaben des RKI mit einer rückläufigen Bereitschaft einher, sich bei sexuellen Kontakten mit neuen und noch unbekannten Partnern konsequent durch die Verwendung von Kondomen zu schützen. Weitergehende Untersuchungen, die detaillierter klären sollen, unter welchen Umständen vermehrt HIV-Neuinfektionen stattfinden, werden in Kürze am Robert Koch-Institut beginnen.
Genaue Zahlen schwierig zu ermitteln
Die Bestimmung der Anzahl der HIV-Neuinfektionen pro Zeiteinheit ist mit den heute verfügbaren Methoden schwierig. Da Infektionsereignis und Test zeitlich weit auseinander liegen können, erlauben die Meldungen über HIV-Neudiagnosen nur bedingt einen indirekten Rückschluss auf den Infektionszeitpunkt.
Weitere Faktoren, die die Meldedaten beeinflussen können, sind das Angebot von Testmöglichkeiten, die Inanspruchnahme solcher Testangebote und das Meldeverhalten der Ärzte. Die Meldungen über HIV-Neudiagnosen bieten unter der Voraussetzung, dass sich in letzter Zeit keine tief greifenden Veränderungen im Test- und Meldeverhalten ereignet haben, derzeit jedoch die bestmögliche Abschätzung des aktuellen Infektionsgeschehens.
(idw – Robert Koch-Institut, 06.10.2005 – DLO)