Nach wie vor ist Kohle einer unserer wichtigsten Energieträger. Die weltweiten Kohlereserven sind sogar deutlich größer als Erdöl- und Erdgasvorkommen. Wenn es gelänge, die in der Kohle enthaltene Energie effizienter und umweltfreundlicher „herauszukitzeln“ als in konventionellen Kraftwerken, wäre dies ein Ansatz zur Lösung drängender Probleme unserer Zeit. George M. Whitesides und sein Team von der Harvard Universität in den USA forschen an dieser herausfordernden Aufgabe. Sie haben nun ein Modell einer mit Kohle betriebenen Niedrigtemperatur- Brennstoffzelle entwickelt und damit gezeigt, dass es Alternativen zu den Hochtemperatur-Zellen geben könnte, die bisher als Ansatz der Wahl galten.
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Normalerweise werden Brennstoffe wie Kohle, Erdöl oder Erdgas mit Luftsauerstoff verbrannt. Dabei wird Energie in Form von Wärme frei, mit der Wasser verdampft wird. In einer Turbine expandiert der Dampf, es entsteht Druck, der einen Generator antreibt (mechanische Energie). Der Generator erzeugt Strom, also Elektronen, die durch eine elektrische Leitung sausen. In einer elektrochemischen Zelle können die Elektronen direkt aus der chemischen Reaktion „abgezapft“ werden, ohne dass der Brennstoff verbrannt werden muss – ein wesentlich saubererer Prozess.
Bisherige Brennstoffzellen-Entwicklungen arbeiten mit Wasserstoff, der aus fossilen Brennstoffen gewonnen werden muss, Methanol oder Methan. Aber Kohle als Futter für eine Brennstoffzelle? Die Versuche, Strom ohne Verbrennung aus Kohle zu gewinnen, reichen lange zurück, waren bisher jedoch nicht sehr erfolgreich – die elektrochemische Oxidation von Kohle läuft bei gut handhabbaren Temperaturen einfach zu langsam. Hochtemperatur-Zellen könnten ein Lösungsansatz sein, haben allerdings mit einer Reihe schwer wiegender technischer Probleme zu kämpfen.
Whitesides und sein Team haben einen Ausweg gefunden: Bestimmte Metalle sind in der Lage, Kohle leicht zu oxidieren. Die Forscher schlämmten Kohlepulver in Schwefelsäure auf und gaben dreifach positiv geladene Eisenionen zu. Die Eisenionen reagieren mit der Kohle, dabei entstehen Kohlendioxid und eine reduzierte Form der Eisenionen. Die Eisenionen, jetzt nur noch zweifach geladen, geben ihr zusätzliches Elektron über eine Elektrode, die Anode, an den Stromkreis ab und stehen dann wieder zur Verfügung. Fertig ist die anodische Halbzelle einer prototypischen Kohle-Brennstoffzelle. Ein lösliches System, das auf Vanadiumionen basiert, diente den Forschern als zugehörige kathodische Halbzelle. Bei 100 °C lieferte dieser Prototyp tausend Stunden lang Strom ohne einen Leistungsabfall.
Whitesides: „Auch wenn unsere Brennstoffzelle nicht praxistauglich ist, so hat dieses Modell doch den Beweis erbracht, dass sich Kohle prinzipiell bereits bei einer verhältnismäßig niedrigen Temperatur, nämlich der von kochendem Wasser, direkt verstromen lässt. Das ist ein erster kleiner Schritt in Richtung einer praxistauglichen Niedrigtemperatur-Brennstoffzelle.“
(idw – Gesellschaft Deutscher Chemiker, 25.08.2005 – DLO)