Bei der Partnersuche gehören sie zu den wählerischsten Tieren überhaupt: Die Weibchen der Winkerkrabbe Uca crenulata. In vielen Fällen nehmen sie erst einmal mehr als 100 Männchen und ihre Höhlen in Augenschein, bevor sie eines zum Partner wählen.
„So weit ich weiß, hat man bisher keine andere Tierart gefunden, die so viele Kandidaten prüft, wie die kalifornische Winkerkrabbe“, erklärt Catherine deRivera von der Universität von Kalifornien in San Diego, die die Studie gemeinsam mit Kollegen durchführte. Untersuchungsgebiet war das Sweetwater River Mündung nahe der mexikanischen Grenze. „Die meisten Tiere begutachten nur eine Handvoll Bewerber, wahrscheinlich, weil die Kosten die Vorteile längerer Auswahlverfahren übersteigen.” Doch die kalifornischen Winkerkrabben prüfen männliche Bewerber und ihre “Junggesellenwohnungen” im Durchschnitt 23 Mal, bis sie sich letztendlich entscheiden. Eine Krabbe besuchte sogar 106 Höhlen und brauchte insgesamt mehrt als eine Stunde.
Warum aber sind die weiblichen Winkerkrabben so wählerisch? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage entdeckte deRivera, dass die Überlebenschance der Nachkommen offenbar eng mit der Größe des Vaters und, noch wichtiger, der Bruthöhle zusammenhing.
Größe der Bruthöhle entscheidend
„Die Größe der Bruthöhle beeinflusst die Entwicklungszeit der Larven“, erklärt die Forscherin. „Eine Höhle in genau der richtigen Größe erlaubt es den Larven, zur sichersten Zeit zu schlüpfen – dem starken Ausstrom des Wassers auf dem Höhepunkt des zweiwöchigen Gezeitenzyklus. Zu breite Höhlen beschleunigen die Inkubation und lassen die Larven zu früh schlüpfen. Sie verpassen dann die optimale Strömung. Unsere Untersuchung liefert damit eines der ersten Beispiele dafür, wie eine wählerische Selektion die Überlebenschancen der Nachkommen erhöhen kann.“
Männliche Winkerkrabben locken die Weibchen an, indem sie vor ihren Höhlen stehen und ihre vergrößerten Scheren schwenken. „Die kalifornische Winkerkrabbe nutzt dabei eine seitliche Bewegung, die wirkt wie ein Mensch, der ‚komm her’ winkt“, erklärt deRivera. Interessierte Weibchen begutachten zunächst das Männchen hinsichtlich ihrer Körpergröße und, wenn ihnen diese zusagt, betreten sie ganz oder nur teilweise die Höhle zu einer „Inspektion“
Richtiger Schlüpfzeitpunkt bestimmt Überlebenschancen
Wenn ein Weibchen einen passenden Partner und die entsprechende Bruthöhle gefunden hat, verschließen sie oder das Männchen die Öffnung der Höhle. Beide paaren sich und bebrüten die befruchteten Eier. Aus diesen schlüpfen anschließend die Larven, die mit der nächtlichen Gezeitenströmung hinaus ins Meer gespült werden.
“Larven schlüpften nur dann erfolgreich während der starken nächtlichen Gezeiten, wenn die Weibchen in Höhlen gebrütet hatten, die den Larven ein schnelles Verlassen des Mündungsgebiets erlaubt und sie damit vor Fressfeinden schützte“, so deRivera. Hatten die Weibchen zu weite oder zu enge Höhlen gewählt, stimmte der Zeitpunkt nicht und die Larven fielen größtenteils de wartenden Räubern zum Opfer. „Die Auswirkungen der Höhlenweite auf die Brutdauer könnte erklären, warum die Weibchen erst so viele männliche Bewerber und ihre Höhlen begutachten und warum Weibchen verschiedener Größe auch jeweils unterschiedlich große Höhlen bevorzugten.“
(University of California – San Diego, 04.08.2005 – NPO)