Fischfang, Tourismus, Abwässer aus Schiffahrt, Industrie und Landwirtschaft – die Ökosysteme in den Ozeanen haben mit vielen Belastungen zu kämpfen. Nun erarbeitet das europäische Großprojekt „INCOFISH“ unter Koordination des IFM GEOMAR und mit Förderung der EU-Kommission zukunftsweisende Lösungen für die dringendsten ökonomischen und ökologischen Interessenskonflikte.
{2l}
Die Lebensräume von Land und Meer sind naturgemäß in den Küstenzonen eng miteinander verzahnt. Entsprechend groß ist dort das Konfliktpotenzial zwischen ökonomischen Interessen wie dem Fischfang auf der einen und den ökologischen Bedürfnissen der Wasserbewohner auf der anderen Seite. Um dieses Dilemma zu lösen, wurde nun das internationale Großprojekt „Integration vielfältiger Nutzungsansprüche an Küstenzonen mit Schwerpunkt auf aquatischen Ökosystemen und Fischfang- INCOFISH“ ins Leben gerufen. Hierin sollen Wissenschaftler aus über 20 Ländern in den nächsten drei Jahren neue Wege in der nachhaltigen Bewirtschaftung der Küstenregionen aufzeigen.
Fischgründe früher und heute
Federführend ist das Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR unter der Leitung von Dr. Rainer Froese. Der Biologe koordiniert insgesamt elf Teilprojekte, die von 35 Partnerinstituten aus aller Welt bearbeitet werden. Im Fokus der Wissenschaftler steht zunächst eine umfassende Analyse: Wie groß waren die Fischbestände früher und welche Artenzusammensetzung prägte die jeweilige Küstenzone? Wo kommen heute welche Arten vor und wie reagieren sie auf die Überfischung und den schrumpfenden Lebensraum? Darauf aufbauend entwickelt das IFM-GEOMAR als Teilprojekt möglichst einfache Indikatoren und Handlungsanweisungen für ein nachhaltiges Fischereimanagement, wie zum Beispiel das Fangverbot für Jungfische. Zudem stehen der Ökotourismus und auch die bereits vorhandenen Schutzzonen auf dem Prüfstand. Für die Aufbereitung der Daten soll eine umfangreiche Software erstellt und die Ergebnisse frei zugänglich im Internet präsentiert werden.
{1r}
Um die praxisnahe und vor allem rechtliche Umsetzung der Forschungsarbeiten kümmert sich in einem rechtswissenschaftlichen Teilprojekt die Forschungsstelle für Europäisches Umweltrecht (FEU) an der Universität Bremen. Unter Leitung von Professor Gerd Winter sollen Steuerungsinstrumente zur Bewirtschaftung der Fischbestände in den Küstenzonen und außerhalb der Hoheitsgewässer untersucht und weiter entwickelt werden. Zugleich geht es um einen Umbau der Anreizstrukturen zu Gunsten der Ressourcenausbeutung. Die Untersuchung erfasst die Regelungssysteme in der Europäischen Union sowie in Brasilien, Argentinien, Namibia, Kenia und Indonesien.
Gesunde Fischbestände bis 2015
Ziel von INCOFISH ist es, bis zum Jahr 2015 die ehemals gesunden Fischbestände und deren Ökosysteme wiederherzustellen. Ansporn ist dabei die Entwicklung eines Programms, mit dessen Hilfe die Ziele des Weltgipfels für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg erreicht werden können. Zu diesem Zweck stellt die Europäische Kommission für das internationale Projekt fünf Millionen Euro Fördermittel zur Verfügung und erhofft sich wissenschaftliche Grundlagen, Daten und Tools als Hilfe für politische Entscheidungen. Das ‚Start-up Meeting‘ von INCOFISH findet vom 4. – 7. Oktober in Kiel statt.
(IFM Geomar / Universität Bremen, 02.08.2005 – AHE)