Schon zu Marco Polos Zeiten wurde von schwelenden Kohleflözen entlang der Seidenstraße berichtet. Doch auch heute noch vernichten die auf natürliche Weise entstandenen Brände in China wertvolle Kohlevorkommen und lassen sich kaum kontrollieren. Die wirtschaftlichen Schäden sind hoch und die Emissionen belasten Mensch und Umwelt gleichermaßen. Eine deutsch-chinesische Forschungsinitiative sucht nun nach neuen Auswegen aus der Dauerkrise und kartiert in einem ersten Schritt die Brandherde nahe der zentral-chinesischen Bergbaustadt Wuda. Auf dieser Grundlage wollen die Wissenschaftler neuartige Löschmethoden entwickeln, um die Brände langfristig in den Griff zu kriegen.
China, USA, Südafrika, Indonesien, Indien, Russland – die Liste der Länder ist lang, die mit Kohleflözbränden zu kämpfen haben. Schuld hieran sind in der Regel keine Brandstifter sondern natürliche chemische Reaktionen. Die Folgen sind häufig katastrophal: Rauchschwaden voller treibhauswirksamer Gase schwängern die Luft und über den unterirdischen Bränden kommt es sogar zu Landabsenkungen und Einbrüchen. So haben Kohlebrände in den USA beispielsweise zur Umsiedlung einer ganzen Stadt, Centralia in Pennsylvania, geführt.
Früherkennung der Brände essentiell
In China erstrecken sich die Brände auf einer großen Fläche entlang des nördlichen Kohleabbaugürtels des Landes von West nach Ost über 5.000 Kilometer. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass in jedem Jahr in Nordchina etwa 10-20 Millionen Tonnen Kohle den Flammen zum Opfer fallen und zirka 100 Millionen Tonnen für den Bergbau unbrauchbar werden. Im Abbaugebiet Wuda existieren gleich über 20 dieser Kohlebrände – einige davon haben sogar Ausdehnungen von mehreren Kilometern. Unterirdische Brandfronten entlang des Flözes sind an der Oberfläche durch Spalten, aus denen bis zu 850°C heiße Gase austreten, zu erahnen. Die Strauchvegetation oberhalb der Brände verkümmert, das Deckgestein wird durch den Volumenschwund im Untergrund brüchig. Die Einwohner können häufig nur untätig zusehen, wie ihre wirtschaftliche Absicherung – die Kohlevorkommen – langsam vor sich hin schwelt.
Denn Löschaktivitäten sind meist nur zu Beginn eines Brandes erfolgreich – wenn die Brandfront noch nicht zu tief in das Flöz vorgedrungen ist und der Brand räumlich noch kein großes Ausmaß erreicht hat. Dann kann man dem Brand entweder den Sauerstoff vorenthalten (Abdecken mit Sanden und Löß), die Energie entziehen (Kühlung durch Wasser) oder ihm seinen Treibstoff nehmen (die Kohle selber abgraben). Doch nur selten sind Löschaktivitäten über lange Zeit erfolgreich – nicht selten flackern bereits gelöschte Brände wieder auf.
Internationale Forscherkooperation
Eine Forschungsinitiative mit acht Partnerinstituten auf deutscher und ebenso vielen auf chinesischer Seite beschäftigt sich seit September 2003 mit dem Problem. Dabei kommen verschiedenste geophysikalische Methoden zum Einsatz, um die Brandvoraussetzungen und Geometrien zu untersuchen, Brandausmaße zu kartieren, Brandherde zu lokalisieren, und Temperaturverteilungen aufzuzeigen. Jedes Jahr finden ein bis zwei mehrwöchige Geländekampagnen im Kohleabbaugebiet bei Wuda statt. Chinesische und deutsche Forscher arbeiten hier Hand in Hand.
Im Juni 2005 fanden sie sich wieder in Wuda ein: geologische und geophysikalische Mess-Teams renommierter Institutionen wie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Deutschen Montan Technologie (DMT) und des Leipnitz-Instituts für Geowissenschaften (GGA). Die chinesischen Wissenschaftler kamen von der „Beijing Remote Sensing Cooperation“ (BRSC), der Universität Urumqi, der „Beijing Normal University“ (BNU), sowie dem „Aero Geophysical Survey and Remote Sensing Center“ (AGRS).
Kartierung zeigt: Brände dehnen sich rapide aus
Wie schon im Jahr 2003 und 2004 kartierte das Team des Deutschen Fernerkundungsdatenzentrums (DFD) des DLR die unterirdischen Kohlefeuer mittels thermalen Radiometern, GPS und mobilen „handheld“ Computern, auf denen GI-Systeme (Geoinformationssysteme) installiert sind. Satellitendaten, Luftbilder und Vorjahreskartierungen sind so jederzeit auch im Gelände parat – neue Kartierungen und Beobachtungen können direkt vor Ort in den Datenbanken ergänzt werden. Fazit der diesjährigen Kartierung: die Brände dehnen sich rapide weiter aus, es sind drei neue Brandherde hinzugekommen und die Löschung wird immer dringlicher.
Die Wissenschaftler der BGR und des AGRS arbeiten vor allem auf die Löscharbeiten hin. Mittels geomagnetischer, geoelektrischer Messungen, petrographischer Untersuchungen und einer ausgefeilten Gasanalytik versuchen sie, die Brände im Untergrund so genau wie möglich zu lokalisieren und sie besser zu verstehen. Untersuchungen zur Anfälligkeit der Kohle für die Spontanentzündung geben dabei Aufschluss über das Brandrisiko. Die DMT untersucht die Geologie der Kohleflöze in Wuda, macht Bohrlochmessungen, seismoakkustische Messungen und untersucht zusammen mit der TU-Bergakademie Freiberg die Bergbaueinflüsse auf die Brände. In der Folgephase des Projektes, die nächstes Jahr beginnt, werden die gewonnenen geowissenschaftlichen Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt werden – dann wird sich alles auf die Löschung der Brände mittels innovativer Löschmethoden konzentrieren.
Spontanentzündung von Kohleflözen
Die Entzündung der Kohleflöze hat häufig eine natürliche Ursache: Wenn der Sauerstoff der Luft mit Kohle in Verbindung kommt, kommt es zu einer Oxidation, bei der Kohlendioxid und Wärme entsteht. Bei hohen Außentemperaturen und bestimmten chemischen Voraussetzungen der Kohle kann ein Flöz, wie entsprechende Untersuchungen und Modellrechnungen der Bundesanstalt für Materialprüfung, BAM gezeigt habe, bereits bei 80°C Feuer fangen, wenn die entstehende Wärme nicht ausreichend abgeführt wird. Brennt ein Flöz einmal, ist es schwer, den Brand zu kontrollieren. Langsam frisst er sich in das Flöz hinein und bedroht so nahe gelegene Abbauaktivitäten. Die wirtschaftliche Ressource Kohle wird sinnlos und umweltschädlich verbraucht.
Detaillierte Informationen zu Kohleflözbränden sowie dem bilateralen Projekt sind unter The „Verbundprojekt“ Coal Fire zu finden.
(The „Verbundprojekt“ Coal Fire / DFD, 28.06.2005 – AHE)