Geowissen

Nicht alle Sauropoden hatten lange Hälse

Ungewöhnliche neue Langhalssaurierart entdeckt

Brontosaurus © Early Image

Sie waren die Giganten der Urzeit: Die Langhalssaurier mit ihren überdimensionalen Hälsen, winzigen Gehirnen und enormen Körpern. Ein argentinischer Schafzüchter hat nun eine neue Sauropodenart entdeckt, bei der der Hals viel kürzer war als bei allen anderen bisher bekannten Langhalssauriern. Die neue Spezies zeigt nach Meinung von Wissenschaftlern, dass diese Tiere viel anpassungsfähiger waren, als bisher angenommen.

Schlangenartige Hälse recken sich in die Höhe, um Baumwipfel abzuweiden und einen gewaltigen Körper mit Nahrung zu versorgen. Jeder kennt solche Szenen aus diversen Dokumentationen oder Filmen wie „Jurassic Park“. Die Sauropoden oder Langhalssaurier sind für viele der Urtyp eines Dinosauriers: Ein massiger Körper mit einem langen Hals und langem Schwanz. Der charakteristische lange Hals wurde bei einigen Formen viermal so lang wie die Rückenwirbelsäule.

Langhalssaurier doch nicht anatomisch konservativ?

Die Langhalssaurier gelten generell als anatomisch konservativ, es gibt nur eine geringe Variation des Grundbauplanes. Dies spiegelt sich in der Interpretation ihrer Lebensweise wider: Sauropoden gelten als unspezialisierte vegetarische Allesfresser, die schon allein aufgrund ihrer Größe alles, was in ihrer Reichweite lag, in sich hineinschlingen mussten.

Ein deutsch-argentinisches Forscherteam um den Münchener Paläontologen Oliver Rauhut von der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie hat nun eine neue Dinosaurierart ausgegraben, die diesen Vorstellungen widerspricht. Brachytrachelopan mesai (Mesas kurzhalsiger Hirtengott) heißt der neue Sauropode, den Rauhuts Team in Patagonien, in der argentinischen Provinz Chubut, freigelegt hat. Gefunden hat den neuen Dino Daniel Mesa, ein dort ansässiger Schafzüchter, als er auf der Suche nach einigen verlorenen Schafen war.

Das Besondere an dem neuen Tier: Es ist der bei weitem kurzhalsigste Langhalssaurier, der bisher gefunden wurde. „Als wir feststellten, wie kurz die einzelnen Halswirbel wirklich waren, konnten wir es zuerst gar nicht glauben – es widersprach einfach jeder Vorstellung eines Sauropoden“, erklärt Rauhut in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature. Tatsächlich ist der Hals von Brachytrachelopan deutlich kürzer als die Rückenwirbelsäule – eine bei den Sauropoden einmalige Anpassung.

Evolution des Gigantismus

Der kurze Hals deutet darauf hin, daß Brachytrachelopan sich in seiner Lebensweise deutlich von anderen Sauropoden unterschied. Vermutlich war dieses Tier eher wählerisch in der Auswahl seiner Futterpflanzen und hatte sich auf Pflanzen einer bestimmten Höhe spezialisiert. Dazu passt auch die für einen Sauropoden geringe Größe von zehn Metern oder weniger.

„Die Spezialisierung auf eine bestimmte Futterquelle mag eine Beschränkung für das Größenwachstum dieser Tiere gewesen sein“, sagt Rauhut. Und weiter: „Somit mögen umgekehrt die geringe Nahrungsspezialisierung und der lange Hals anderer Sauropoden wichtige Voraussetzungen für ihren Gigantismus gewesen sein.“

Damit liefert der neue Fund auch neue Ideen für die DFG Forschergruppe „Biologie der sauropoden Dinosaurier: Die Evolution des Gigantismus“, in deren Rahmen die Studie durchgeführt wurde. Offenbar waren die Sauropoden weder in ihrer Anatomie noch in ihrer Lebensweise so einheitlich, wie oft angenommen.

Sauropoden flexibler als angenommen

Dazu kommt auch noch ein weiterer Umstand: Brachytrachelopan gehört zu einer Gruppe von Sauropoden, die man erst seit dem oberen Jura kennt, also seit etwa 150 Millionen Jahren. Dann hat sie sich aber schnell in weiten Teilen der Welt verbreitet. In einer Welt, die sich zu dem Zeitpunkt aufgrund des Auseinanderbrechens des Superkontinentes Pangäa rasch veränderte, erreichte sie eine hohe anatomische Diversität.

Rauhut: „Es scheint, dass die Sauropoden, unser Epitom für schwerfällige und wandlungsunfähige Riesen, erfolgreicher und anpassungsfähiger waren, als man gemeinhin angenommen hat.“

(idw – Universität Bonn, 02.06.2005 – DLO)

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